AUCH IN DER OPER HABEN SICH DIE ZEITEN GEÄNDERT
: Mozart, „Faust“, „Carmen“ – und alles auf Zulu

VON MARTINA SCHWIKOWSKI

NEBENSACHEN AUS JOHANNESBURG

Der Bühnenvorhang geht hoch. Am Hof des Zulu-Königs Mpande turteln die Konkubinen mit ihren Liebhabern im Scheinwerferlicht. Doch sie fliegen auf: Die Wächter – im Leopardenfell und mit Speeren bewaffnet – erwischen die beiden Paare. Ein Liebespaar entkommt. Aber Gabisile und Ziyankomo, der Sohn des königlichen Beraters, werden festgenommen. Das Drama ist perfekt: Die Oper nimmt ihren Lauf. Auf Zulu. Mit englischen Untertiteln, die auf eine mit afrikanischen Ornamenten verzierte Bühne projiziert werden. Damit auch die vielen weißen Zuschauer folgen können.

Das Mandela-Theater am Rande der Johannesburger Innenstadt ist gut besucht, es ist ein Opernabend wie in einer europäischen Stadt. Und mit einer Weltpremiere: „Ziyankomo und die verbotene Frucht“ ist eine Oper in einem Akt, produziert von Bravo Opera Africa, der südafrikanischen Operngesellschaft.

Afrikanische Opernstars singen aus voller Kehle zur Musik des Orchesters um des Königs Gnade. Die traditionellen Kostüme des Zulu-Volkes wirken ungewohnt in einer Oper. Nackte Oberkörper und Beine der Krieger glänzen im Bühnenlicht. Endlich steigt die Spannung. Ziyankomo muss sterben. Doch seine Geliebte Gabisile hält es ohne ihn nicht aus. Sie rammt ein Messer in ihre Brust und sinkt zu Boden. Belohnt mit Beifall und Bravorufen.

In der Pause diskutieren Besucher das Programm. Und alte Zeiten, als dieser Stadtteil heruntergekommen und wegen Überfällen gefährlich war. Das Theater hatte wenig Besucher. Doch jetzt lebt das Viertel Braamfontein wieder. Studenten gehen aus, Fast-Food-Ketten haben zwischen den Hochhäusern eröffnet. Bühnenaufführungen sind erfolgreich. Auch in der Oper treten hat seit Beginn der neunziger Jahre afrikanische Nachwuchstalente auf, die an den großen Bühnen der Welt zu Gast sind.

Der Vorhang hebt sich erneut. Ein schwarzer Papageno singt auf Deutsch in einer Szene von Mozarts „Zauberflöte“. Dann ein Ausschnitt von „Faust“. Auf Spanisch verführt der Torero die Carmen. Eine Opernepisode nach der anderen begeistert das Publikum. Die Klassiker „La Bohème“, Verdis „Rigoletto“ und „La Traviata“. Die Zulu-Crew hat sich noch gesteigert. Das Opernerlebnis im rauen Johannesburg bringt etwas heimatlich Vertrautes mit sich. Am anderen Ende der Welt.