THERAPEUTISCHES KLONEN: DER POLITIK FEHLT VERTRAUEN IN SICH SELBST
: Regulieren, nicht verbieten

Die wissenschaftlichen Erfolge der Stammzellenforschung in Großbritannien und Südkorea werden die Debatte über deren ethische Verträglichkeit auch in Deutschland neu entfachen. Zu Recht, denn die bisherige Beschlusslage beim Embryonenschutz ist nicht nur im weltweiten Maßstab realitätsfern. Sie ist auch zu sehr von schierer Symbolik geprägt, ja letztlich reine Alibipolitik.

Viele Gegner der Stammzellforschung und des therapeutischen Klonens vertreten die Position „alles oder nichts“. Therapeutisches Klonen sei technisch so nah am reproduktiven Klonen, dass, wer das eine zulasse, das andere automatisch mit befördere. Um diesen Dammbruch zu verhindern, müsse man jede Form des Klonens ächten.

Es ist an der Zeit, diese Verweigerung politischer Gestaltung medizinisch-technischen Fortschritts aufzugeben. Es gibt gute Gründe, den umfassenden Heilsversprechungen der Forscher und der medizinischen Industrie vorsichtig zu begegnen, mit Stammzellenkuren sei bislang unheilbaren Krankheiten beizukommen. Es ist nicht auszuschließen, dass sich auf dem Weg zum therapeutischen Einsatz noch unüberwindbare Schwierigkeiten auftürmen. Deswegen oder des Schutzes von 20-Zellern zuliebe aber die gesamte Forschung zu ächten, auf die weltweit Millionen Menschen Hoffnungen setzen, ist unverantwortlich.

Es geht also darum, die politischen und gesetzlichen Richtlinien für die Forschung so zu gestalten, dass das Wünschenswerte befördert und das Unerwünschte verboten wird. Das mag im Detail kompliziert sein, und Gegner aus dem Lager der Bioethik werden eine solche Argumentation naiv nennen. Natürlich kann es keine Garantie geben, dass Verbotenes nicht doch versucht wird. Diese aber ist auch bei einem generellen Verbot nicht zu haben.

So erscheint die derzeitige deutsche Beschlusslage vor allem als ein Abbild des Vertrauensverlustes der Politik in sich selbst, in die eigene Regulationsfähigkeit. Wer weiter das ganze Thema ins Reich des Bösen verbannt, überlässt die Zukunft allein dem Markt. Was dabei dann herauskommt, ist tatsächlich nicht abzusehen. BERND PICKERT