Mehr altes Hack im neuen Frischepack

Fleischrecycling: Mittlerweile ermitteln Staatsanwälte gegen fünf Handelsketten, weil sie verdorbenes Fleisch umverpackt und neu etikettiert haben sollen. Ernährungsexpertin warnt, der Betrug könne krank machen

BERLIN taz ■ „Gehen Sie lieber zum Fleischer Ihres Vertrauens“, rät Bernard Südbeck, Sprecher der Staatsanwaltschaft Oldenburg. Grund: Das Frischfleisch in Supermärkten ist häufig nicht so frisch, wie der Name verspricht. Deshalb wird mittlerweile, so sagte Südbeck gestern der taz, gegen fünf Handelsketten in Deutschland ermittelt.

Namen, Orte, Produkte? Die nennt Südbeck nicht, weil er „die Ermittlungen nicht behindern“ will. Diese laufen schon seit einiger Zeit. Bisher standen aber allein die Warenhäuser von „real“ im Verdacht. Im März waren in zwei Filialen bei Hannover Mitarbeiter dabei ertappt worden, wie sie altes, abgelaufenes Hackfleisch neu verpackten und umdatierten. Daraufhin warfen die Oldenburger Beamten 9 „real“-Angestellten einen Verstoß gegen das Lebensmittelgesetz und die Hackfleischverordnung vor.

Es handele sich um Ausnahmefälle, behauptete „real“, eine Tochter des Metro-Konzerns. Gegen die Staatsanwälte legte dieser eine Dienstaufsichtsbeschwerde ein. Und in den „real“-Märkten liefen fortan „Frischemanager“ herum. Sie sollten bei den Kunden für neues Vertrauen sorgen. Doch zu verjüngen, was nicht haltbar ist, scheint üblich zu sein in der Branche.

Der Etikettenschwindel beschäftigte jedenfalls die Republik. Bei der Staatsanwaltschaft gingen gleich mehrere anonyme Hinweise ein: Die illegale Praxis gebe es auch in anderen Supermärkten. „Wir haben 15 Verfahren an die zuständigen regionalen Behörden abgegeben“, sagte Südbeck. Und: „Für Verbraucher ist die Lage unsicher.“ Der unappetitliche Betrug am Kunden macht im schlimmsten Fall krank. „Abgelaufenes Fleisch kann mit Keimen belastet sein“, sagt Angelika Michel-Drees vom Bundesverband der Verbraucherzentralen.

Das Problem: Selbst verdorbenes Fleisch scheint durch die Verpackungen noch schön rosa. Und weil es so billig ist, greift der deutsche Schnäppchenjäger zu. Wer seine Kunden so lockt, müsse bestraft werden, findet Matthias Wolfschmidt von der Verbraucherorganisation Foodwatch. Er fordert „Bußgelder für Unternehmer, die bislang, anders als ihre Angestellten, ohne Strafen davonkommen.“

Vorerst ist der Kunde aber nur auf der sicheren Seite, wenn er frisches, loses Fleisch an der Schlachtertheke kauft. Dort gibt es zumeist auch einen Hinweis, wo das Hack, Schnitzel oder Steak herkommt. Der Tipp von Ernährungsexpertin Michel-Drees für alle Fälle: „Alles gut durchbraten!“ HANNA GERSMANN