Peer Steinbrück ist durchgefallen

Die gestrige Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen hat einen klaren Sieger: CDU und FDP erhalten eine deutliche Mehrheit. SPD und Grüne verlieren beide Wählerstimmen. Die Wahlbeteiligung liegt bei mehr als 60 Prozent überraschend hoch

von ANNIKA JOERES

Schweigen bei der SPD, Johlen bei der CDU: Nordrhein-Westfalen hat gestern eine neue Regierung gewählt. Nach 39-jähriger SPD-Herrschaft werden nun ChristdemokratInnen und Liberale das Land regieren. CDU und FDP kamen gestern bereits am frühen Abend nach Hochrechnungen von Infratest Dimap auf eine Mehrheit von 51 Prozent. Die CDU erreichte knapp 45 Prozent der Wählerstimmen, die SPD verlor mehr als fünf Prozent und kommt auf 37,4 Prozent.

Die GenossInnen hatten ihre Niederlage schon vor der ersten Prognose um 18 Uhr geahnt: Nur 150 der anwesenden 500 Gäste schauten die Prognosen im Saal des Apollo-Theaters in Düsseldorf: Kurzen Applaus gab es für die Wahlbeteiligung von 61 Prozent – dann folgte Schweigen. Norbert Römer, Schatzmeister der SPD und Vorsitzender des Bezirks Westliches Westfalen, sagte: „Das ist das Ende einer Ära. Wir haben das Vertrauen der Menschen verloren.“

In der neuen Parteizentrale der CDU in Düsseldorf breitete sich euphorische Stimmung um das Partyzelt im Garten aus. 700 CDU-AnhängerInnen feierten Spitzenkandidat Jürgen Rüttgers. „Wer hätte das gedacht: Kurz nach sechs schon so ein Vorsprung“, sagte Regina van Dinther, designierte Familienministerin.

Überraschend niedrig fielen die Ergebnisse von Grünen und FDP aus: MeinungsforscherInnen sahen die beiden Klientel-Parteien bei sieben Prozent. Nun liegen beide bei sechs Prozent. Während die Grünen ihre 5,9 Prozent als klare Niederlage verbuchen, feiern die Liberalen ihre 6,1 Prozent jedoch als Sieg – vor fünf Jahren hatte sie noch 3,7 Prozent mehr. Die Bundesvorsitzende der Grünen, Claudia Roth, lief mit Tränen in den Augen durch den Saal. Landesvorsitzende Britta Haßelmann macht die beiden großen Parteien für das schlechte Abschneiden ihrer Partei verantwortlich. „Die Zuspitzung auf CDU und SPD hat uns geschadet.“ Die Wahlalternative unter Spitzenkandidat Jürgen Klute kam nach Prognosen der ARD auf zwei Prozent.

Noch vor wenigen Tagen schien der Vorsprung von Schwarz-Gelb zusammen geschrumpft zu sein. MeinungsforscherInnen sahen CDU und FDP nur noch wenige Prozentpunkte vor SPD und Grünen. Eine hohe Zahl an unentschlossenen WählerInnen führte bis zuletzt zu starken Schwankungen in den Prognosen. Der Chef des Meinungsforschungsinstituts Forsa, Manfred Güllner, sprach von einer „ungewöhnlich hohen Unentschlossenheit und Unsicherheit“ der Wahlberechtigten.

Die Wahlbeteiligung fiel in diesem Jahr überraschend höher aus als bei der Landtagswahl 2005. Vor fünf Jahren waren nur 56,7 Prozent der 13,3 Millionen Wahlberechtigten zur Urne gegangen, damals ein historisches Tief. Einen neuen Rekord gab es auch bei der Briefwahl. Traditionell wurde dies von MeinungsforscherInnen als ein gutes Zeichen für die SPD gewertet – das Ergebnis gab ihnen Unrecht.

Vor fünf Jahren hatte Rot-Grün noch eine klare Mehrheit erreicht: Für die SPD stimmten damals 42,8 Prozent, für die Grünen 7,1 Prozent, die CDU erreichte nur 37,0 Prozent. Überraschend hoch fiel damals der Wahlsieg der FDP aus, sie holte mit Jürgen Möllemann als Spitzenkandidat 9,8 Prozent.