HSV ist van der Rolle

Nichts ging nach oben. Im nächsten Jahr soll ein Holländer die Hanseaten in höhere Gefilde führen

Inmitten des Beifalls, mit dem 54.178 Zuschauer in der Hamburger AOL-Arena die Teams des HSV und des VfL Bochum zum letzten Saisonspiel empfingen, wirkte das Spruchband wie ein Fremdkörper. „Danke für Nichts!“, stand auf einem großen, mit einer HSV-Raute verzierten Plakat, das aus der Menge emporgereckt wurde.

Der Initiator der Aktion muss prophetische Fähigkeiten besessen haben, denn auf dem Spielfeld sollte das „Nichts“ erst noch folgen. Dabei wollten HSV-Trainer Thomas Doll und seine Spieler die Fans mit einem spielerischen Feuerwerk und einem Lächeln auf den Lippen in die viel zu kurze Sommerpause – morgen beginnt die einwöchige Asien-Reise, am ersten Juli-Wochenende schon der UI-Cup – verabschieden.

Die Verheißungen waren Lippenbekenntnisse, der HSV unterlag Bochum 0:1, durch ein Tor von Mamadou Diabang. Am Ende einer kräftezehrenden Saison klafften beim hanseatischen Traditionsverein Welten zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Zuerst hatte sich ein Champions-League-Platz als illusorisch erwiesen, und nach der 1:2-Niederlage in Hannover am vergangenen Wochenende war auch die Teilnahme am Uefa-Cup futsch. Tabellenplatz acht am Ende der Saison, UI-Cup ab der zweiten Runde – herzlich willkommen in der Realität, Hamburger SV.

Mehr war bei allem Bemühen nicht drin, dafür fehlte es dem Team zu sehr am spielerischen, kreativen Moment. Wann immer sich der HSV zuletzt in die Lage versetzt sah, eine Partie – vom Erfolgsdruck genötigt – gestalten und bestimmen zu müssen, mündete dieser Versuch in kollektivem Versagen.

Von Platz 18 aus hatte der HSV unter Thomas Doll die Tabelle von hinten aufgerollt. Nur nimmt bekanntlich jeder Prozess an Intensität und Geschwindigkeit ab, wenn die Widerstände größer werden. Im oberen Drittel, bei Teams wie Stuttgart, Bremen oder Leverkusen, stießen die Hamburger an ihre Grenzen. Um das zu ändern, greifen altbekannte Mechanismen: Neue Stars müssen her!

Der kommende Hoffnungsträger ist 22 Jahre alt und gilt als verletzungsanfällig. „Rafael van der Vaart hat sich eindeutig zum HSV bekannt“, sagte Thomas Doll. Mit einem solchen Transfer, dessen Kosten sich ohne Gehalt auf fünf bis sieben Millionen Euro belaufen dürften, ist immer ein Risiko verbunden. Sollte der HSV auch in der Spielzeit 2005/06 sein Mindestziel Uefa-Cup nicht erreichen, dürften auch für Sportchef Dietmar Beiersdorfer und Präsident Bernd Hoffmann unruhige Zeiten anbrechen.

Christian Görtzen