Netzwerk Solidarische Landwirtschaft

Solidargemeinschaften bringen Biolebensmittel auf den Tisch, ganz ohne Marktwirtschaft

■ 28. März – CSA-Gemüse-Versorger-Gemeinschaft, Infoveranstaltung, 20 Uhr, Café Tassenkuchen, Malplaquetstraße 33 in Wedding (bitte anmelden bei: jbreiter@wedding-windows.de)

■ 29. März – CSA-Gemüse-Versorger-Gemeinschaft, Infoveranstaltung, 18 Uhr, Café Regiotopia Ahornstraße 24 in Steglitz (bitte anmelden bei: fviohl@posteo.de)

■ Im Netz: solidarische-landwirtschaft.org

Die Forderung ist klar und deutlich. „Wir brauchen eine Landwirtschaft, die frei ist von marktwirtschaftlichen Zwängen“, sagt Stephanie Wild, Mitinitiatorin des Netzwerks Solidarische Landwirtschaft. Und das aus folgendem Grund: Der Kampf um niedrige Preise und der Druck, zu wachsen, würden auch dazu führen, dass die ökologische Landwirtschaft ad absurdum geführt werde. Als Beleg hierfür nennt Wild Bioäpfel aus Argentinien und „Hybridhühner“ in Großställen.

An diesem Punkt setzt die Arbeit der Solidarischen Landwirtschaft an. Ist es heute noch möglich, gesunde und frische Nahrungsmittel zu bekommen, ohne sie selbst anbauen zu müssen? Wie kann eine bäuerliche und ökologische Landwirtschaft erhalten bleiben, die die Natur- und Kulturlandschaft pflegt? Für diese Probleme hat das Netzwerk eine Lösung gefunden: Wie der Name „Solidarische Landwirtschaft“ verrät, will es mittels Solidargemeinschaften eine alternative ökonomische Grundlage für Biolandwirtschaft schaffen, mit der die Logiken der Marktwirtschaft umgangen werden können.

Diese Solidargemeinschaften funktionieren wie folgt: Eine Gruppe privater Haushalte und ein Bauernhof aus einer Region schließen sich zusammen und treffen eine Vereinbarung. Während sich die Haushalte dazu verpflichten, die gesamten von dem Bauernhof aufgestellten Produktionskosten zu übernehmen und einen festen Betrag an den Hof zu zahlen, erhalten sie im Gegenzug die gesamte Ernte sowie weiterverarbeitete Erzeugnisse wie Brot oder Käse, sofern der Hof diese herstellt. Die Landwirte berechnen die Betriebskosten, die dann von den Mitgliedern getragen werden. Die Vereinbarung zwischen den KonsumentInnen und dem Hof wird jedes Jahr neu ausgehandelt.

„Es geht also nicht nur darum, sich ökologisch zu ernähren, sondern zugleich darum, eine faire ökonomische Basis für die Produktion von Biolebensmitteln zu schaffen“, sagt Wild. Auch werde die Existenz von Landwirten gesichert und KonsumentInnen aus der Stadt die Möglichkeit gegeben, indem sie beispielsweise bei der Ernte aushelfen, den Kontakt zur Natur und zu ihren Lebensmitteln wiederherzustellen.

Die ersten Landwirtschaftsgemeinschaftshöfe entstanden in den 1960er Jahren in Japan und in den 1980er Jahren in den USA. Das Modell aus den USA wurde unter dem Begriff „Community-supported agriculture“, kurz: CSA, gelabelt. Auch in der Schweiz gibt es seit 1978 eine Kooperative, die sich „Les jardins de Cocagne“, auf Deutsch: „Schlaraffengärten“, nennt. Inzwischen gibt es Gemeinschaftshöfe in Frankreich, Belgien, Italien, Portugal und Spanien, die über das Netzwerk „Urgenci“ miteinander vernetzt sind.

„Deutschland legt mit den Solidargemeinschaften gerade erst los“, konstatiert Wild. In Frankreich etwa gebe es bereits um die 750 Kooperativen, die 90.000 Menschen ernähren. In der Bundesrepublik seien es erst 23 Solidargemeinschaften, die insgesamt 230 Mitglieder zählten.

Das soll sich nun ändern. Das Netzwerk hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Idee der Solidargemeinschaften in Deutschland zu verbreiten. Unter anderem wird das Netzwerk im April an dem diesjährigen Bewegungskongress „McPlanet“ teilnehmen, der sich als eine Schnittstelle der Themen Globalisierungskritik, Umweltbewegung und globale Gerechtigkeit versteht. Dort wird das Netzwerk mit einem Workshop und einem Infostand vertreten sein.

Darüber hinaus hilft das Netzwerk bei der Gründung von Kooperativen und bemüht sich, Interessenten aus Deutschland zusammenzubringen. So erstellt das Netzwerk gerade einen Leitfaden, der im Mai als Buch erscheint. Darin finden sich Tipps und Ratschläge zur Gründung von Solidarhöfen, seien sie von Konsumenten initiiert oder von Produzenten. Für neue Kooperativen bietet das Netzwerk Informationsmaterial und persönliche Beratung an. Auf der Internetseite kann eine Liste aufgerufen werden, auf der alle Solidargemeinschaften und Initiativen in Deutschland aufgeführt sind.

Aber nicht nur deutschlandweit wird die Vernetzung gefördert, sondern auch international. So wird das Netzwerk am kommenden CSA-Europe-Treffen in Mailand im Oktober dieses Jahres teilnehmen.

Wer sich am Netzwerk „Solidarische Landwirtschaft“ beteiligen möchte, kann dies auf verschiedene Weise tun: Wer die Gründung neuer Hofgruppen anregen und fördern will, kann sich auf der Website eine Beitrittserklärung herunterladen. Dort kann man sich auch für einen Rundbrief anmelden. Am besten wäre es aber, gleich eine eigene Solidargemeinschaft zu gründen: „Selbst aktiv werden ist die beste Unterstützung“, sagt Wild. LUKAS DUBRO