Ein Wahlbündnis für den Wandel

In der Elfenbeinküste schließen sich die zivilen Gegner von Präsident Gbagbo zusammen. Gegen Krieg und Spaltung setzen sie auf das Erbe von Staatsgründer Houphouet-Boigny

ABIDJAN taz ■ Die wichtigsten zivilen Oppositionsparteien des Bürgerkriegslandes Elfenbeinküste haben einen Wahlpakt geschlossen und damit die Perspektive einer Abwahl des gegenwärtigen Staatschefs Laurent Gbagbo bei den für Oktober geplanten Wahlen näher rücken lassen. Dem Pakt zufolge, der formell am vergangenen Mittwoch in Paris verkündet wurde, ziehen die Oppositionsparteien mit eigenen Präsidentschaftskandidaten in die erste Runde; bei einer Stichwahl gegen Gbagbo allerdings tritt die Opposition geschlossen hinter dem Kandidaten an, der in der ersten Runde die meisten Stimmen gewann. Für den Fall eines Wahlsiegs sieht die Einigung die Aufteilung der Kabinettsposten und der politischen Posten in staatlichen Institutionen, einschließlich des Generalstabs der Armee, unter den Bündnisparteien vor. Auch für Parlaments- und Kommunalwahlen soll das Bündnis wirken.

Das Oppositionsbündnis hat sich in Erinnerung an den 1993 verstorbenen ersten Präsidenten der Elfenbeinküste, Felix Houphouet-Boigny, den Namen „Sammlung der Houphouetisten für Demokratie und Frieden“ gegeben. Houphouet-Boigny regierte die Elfenbeinküste jahrzehntelang als Diktator, aber es herrschte Frieden – anders als heute. Seine einstige Staatspartei PDCI (Demokratische Partei der Elfenbeinküste) unter Henri Konan Bédié, dem 1999 per Putsch gestürzten Nachfolger Houphouet-Boignys, ist führend in der Oppositionskoalition, zusammen mit der RDR (Sammlung der Republikaner) unter Alassane Dramae Ouattara, dessen Ausschluss von der letzten Wahl 2000 ein Auslöser des 2002 begonnenen Bürgerkrieges gewesen war. Die RDR hat ihre Hochburgen im Norden des Landes, weshalb sie immer wieder in Zusammenhang mit der nun seit fast drei Jahren dort herrschenden Rebellion gebracht wird.

Die Annäherung von Bédié und Ouattara kommt für viele Ivorer überraschend. Die beiden lieferten sich über viele Jahre einen erbitterten politischen Kampf. Es war Bédié, der in den 90er-Jahren das umstrittene Nationalitätengesetzeswerk der „Ivoirité“ einführte, das zahlreiche nordivorische Ethnien sowie Nachkommen westafrikanischer Einwanderer im Staatsbürgerschafts-, Eigentums- und Wahlrecht benachteiligt. Auch der heutige Präsident Gbagbo greift gerne auf diese Gesetze zurück. Erst im vergangenen Monat willigte er nach langem Widerstand bei Friedensverhandlungen in Südafrika ein, dass Ouattara bei der nächsten Wahl überhaupt als Kandidat zugelassen wird. Ouattara wird vorgeworfen, dass seine Vorfahren teils aus dem heutigen Burkina Faso kommen.

Mit dem Nachfolgeanspruch des neuen Parteienbündnisses auf Houphouet-Boigny wird Präsident Gbagbo von der wichtigsten politischen Tradition der Elfenbeinküste ausgeschlossen. Alle Staatsmänner des Landes berufen sich auf den ersten Präsidenten und Staatsgründer, der als Übervater der Nation gilt. Selbst die Rebellion im Norden sieht sich als Verfechter der „houphouetistischen“ Ideen – zum Beispiel der Ausgleich zwischen Nord und Süd und die Politik der offenen Grenzen gegenüber den armen Nachbarländern der Sahelzone, deren Bürger unter Houphouet-Boigny wie schon zu Kolonialzeiten mit offenen Armen als Arbeitsmigranten angeworben wurden. Von Houphouet-Boigny in ein Amt berufen worden zu sein, gilt bis heute als Ritterschlag in der ivorischen Politik. Präsident Laurent Gbagbo ist der einzige politische Führer, der dies für sich nicht beanspruchen kann. Seine FPI (Ivorische Volksfront) entstand einst als Untergrundopposition gegen Houphouet-Boigny.

Für Gbagbo bedeutet die Oppositionsallianz eine Herausforderung. Seinen Wahlsieg vor fünf Jahren errang er nur, weil der damalige Militärmachthaber Robert Guei sowohl Ouattara als auch Bédié die Kandidatur verweigerte. Auch wenn er jetzt durch seine unbeirrte Politik in Zeiten des Bürgerkriegs Stimmen dazugewinnen dürfte, bleibt ein erneuter Sieg unwahrscheinlich. Die Reaktion seiner Partei FPI ist entsprechend scharf. Das Parteiorgan Notre Voie schrieb in einem Kommentar von einem „Teufelspakt“, der die Elfenbeinküste zerstören solle. HAKEEM JIMO