Steuer-Streit über Jobverlagerungen

Grüne wollen indirekte Subventionen für Auslandstöchter streichen. SPD fürchtet aber Zoff mit Unternehmen

BERLIN taz ■ Es ist ein typischer Fall: Die Firma Linde Kältetechnik will ab Juni über 1.000 Stellen nach Tschechien und Frankreich verlagern. Der Umzug könnte sich auch lohnen, weil der deutsche Staat indirekt einen Teil der anfallenden Kosten für den Ausbau der Firmentöchter übernehmen dürfte – denn sie können steuermindernd geltend gemacht werden.

SPD: „Das bringt null“

Diese Quasi-Subvention für Jobverlagerungen wollen die Grünen jetzt streichen. Erwartungsfroh rechnen sie mit einem jährlichen Steuerplus von etwa 5 Milliarden Euro. Ein Argument für den Kanzler haben sie auch: Damit ließe sich die Körperschaftsteuer aufkommensneutral von 25 auf 19 Prozent senken – ganz wie es Gerhard Schröder im März nach dem „Jobgipfel“ versprochen hat. Doch bei den Sozialdemokraten ist nur Hohn zu hören. „Das bringt keinen Pfennig, null“, heißt es in der SPD-Bundestagsfraktion.

Die Lage ist verzwickt: Grundsätzlich dürfen Firmen ihre Kosten nur dann steuermindernd verrechnen, wenn sie auch ihre Erträge versteuern. Ein logisches Prinzip, aber mit einer entscheidenden Ausnahme: Die Gewinne von Töchterfirmen müssen von Konzernen nicht mehr versteuert werden, wenn diese bereits woanders ans Finanzamt gezahlt haben. Die Linde-Ableger werden künftig in Frankreich und Tschechien Steuern zahlen.

Dennoch könnte Linde die Kosten für den Ausbau der Töchter in Deutschland steuermindernd geltend machen. Besonders gern geben die Unternehmenszentralen hier die Kreditzinsen für Darlehen an, mit denen sie die Expansion finanzieren. Bisher einzige Gegenleistung an den deutschen Staat: In diesem Fall müssen die Konzerne 5 Prozent der Töchtergewinne noch einmal in Deutschland versteuern. Bei einem durchschnittlichen effektiven Steuersatz von 40 Prozent kommt am Ende eine zusätzliche Gewinnsteuer von ganzen 2 Prozent heraus. Ein gutes Geschäft, besonders wenn die Töchter ansonsten im Ausland besteuert werden. Dort sind die Sätze meist deutlich niedriger als in Deutschland.

Die Firmen werden laut Grünen also geradezu ermuntert, Jobs über die Grenze zu verlagern. Das sei nur eine „Behauptung“, kontert das SPD-geführte Bundesfinanzministerium in einer Stellungnahme, „die tatsächliche Rechtslage würde „verfälscht und verkürzt“.

Vorgebracht werden allerdings eher technische Gründe: Die Beamten fürchten ein „erhebliches Streitpotenzial zwischen Unternehmen und Finanzämtern“. Denn mit Krediten finanzieren die Konzerne eine Vielzahl von Projekten. Vom Lastwagen in Deutschland bis zur Firmentochter im Ausland – wie kann man da genau zuordnen, wofür die Schulden angefallen sind und welche Zinsen die Steuern nicht mindern sollen? Im schlimmsten Fall, so das Ministerium, würden „sich die Konzernzentralen überlegen, ob sie künftig ihren Sitz in Länder verlegen, die günstigere Steuerregelungen haben“.

Grüne kämpferisch

Aber die Grünen sind nicht zu schrecken. „Dann muss man die Kredite eben pauschalieren“, heißt es hier. Der Prozentsatz, den die Töchter am Gesamtkonzern ausmachen, würde auf die Kredite umgerechnet. Dieser Anteil könne dann nicht mehr steuersparend eingesetzt werden.

„Wenn die Grünen so gute Vorschläge haben, dann sollen sie doch einen Gesetzentwurf vorlegen“, heißt es verstimmt aus der SPD. Doch die Grünen räumen ein, dass ihnen dazu schlicht der Einfluss fehlt. „Der gesamte steuerpolitische Sachverstand ist bei den Finanzministerien im Bund und in den Ländern konzentriert.“ Und diese Behörden sind alle in der Hand der SPD – oder gar von Union und FDP. Von dort ist aber kein Gesetzentwurf gegen Jobverlagerungen zu erwarten. UH