„Ich sehe mich eher als Transmitter“

POP Die Sängerin Y’akoto bringt in dieser Woche ihr Debütalbum heraus. Darauf verbindet die Hamburgerin mit der deutschen Mutter und dem ghanaischem Vater Musik zweier Kontinente

„Ich werde seit meiner Kindheit gefragt“, sagt sie kopfschüttelnd, „wie es sei, zwischen zwei Kulturen aufzuwachsen“

Ihr Manager scheint nervös. „Y’akoto wird sich ein paar Minuten verspäten“, erklärt er und sieht auf sein Handy. Mitten in der Nacht erst sei sie von einem Auftritt aus Berlin zurückkehrt. Die Frau, die dann aus dem Taxi springt, wirkt dem wenigen Schlaf zum Trotz munter. Die 23-Jährige hat dieser Tage einen vollen Terminkalender: Am Freitag erscheint ihr Debütalbum „Baby Blues“, produziert von Max Herre und Kahedi, erste Kritiker spendeten bereits Applaus – und die Plattenfirma verkündet nicht weniger als die nächste große Stimmsensation.

Y’akoto ist jung und hübsch, sagt kluge Dinge, und ihre Stimme erinnert an Amy Winehouse. „Die ist bei uns beiden extrem dunkel und rough“, erklärt sie selbst. Mit 12 Jahren kam die Tochter einer deutschen Entwicklungshelferin und eines ghanaischen Musikers nach Hamburg, um in die Schule zu gehen, ihre Ferien verbrachte sie dann bei ihren Eltern in Ghana.

Fragen nach dieser Jugend stellen sich da beinahe von selbst. „Ich werde seit meiner Kindheit danach gefragt, wie es denn sei, zwischen zwei Kulturen aufzuwachsen“, sagt Y’akoto kopfschüttelnd. „Das Wort ‚Zwischen‘ stört mich dabei schon. Ich muss nicht dazwischen hin und her springen, sondern trage beides in mir.“

Auch in ihrer Musik vereinen sich Einflüsse aus Afrika und Europa: „Baby Blues“ bedient sich, klar, beim genannten Musikgenre, aber genauso bei Soul, Folk und afrikanischer Folklore. „Gerade die Spirituals sind sehr direkte Inspirationsquellen für mich, auch weil sie die stärksten Emotionen bei mir hervorrufen“, erklärt Y’akoto und rührt in ihrem Tee. „Diese Lieder haben schon viel Leid überstanden und vielen Menschen Kraft gegeben.“

Überhaupt, Gefühle und Emotionen: Über kaum etwas spricht sie lieber, scheint es, sei es nun im Interview oder auf der Platte. So erzählt etwa Y’akotos Song „Baby Blues“ wortreich vom Ende einer Liebe. Und „Moving“ schickt gleich die Erkenntnis hinterher, dass man aus blöden Situationen immer das Beste machen sollte. Gleichzeitig gibt es mit Stücken wie „Good Better Best“ auch sehr positiv gestimmte Momente. „Mein Album ist so wie ich bin. Es geht von himmelhoch jauchzend bis tief betrübt“, erzählt sie. „All die Geschichten auf dem Album habe ich selbst schon in einer ähnlichen Art gefühlt.“

Ein Stück sticht hervor aus diesen Vertonungen der eigenen Gefühlswelt: Y’akotos erste Single „Tamba“ handelt vom Schicksal eines ugandischen Kindersoldaten. Der Song entstand angestoßen durch eine TV-Dokumentation und Gesprächen mit Menschen aus der Region.

Ein Thema wie dieses ausgerechnet auf einer Single zu verarbeiten und es in die sonst eher introspektive Platte zu integrieren: Die Musikerin kann darin keinen Widerspruch erkennen. „Ich sehe mich als Transmitter von Geschichte und Emotionen. Diese Geschichte hat mich sehr bewegt und ich konnte mich identifizieren.“ Als politische Künstlerin versteht sich Y’akoto dabei nicht: „Ich habe keine politische Message“, sagt sie. „Die Meinungsbildung überlasse ich meinen Hörern selbst.“  BIRK GRÜLING

„Baby Blues“ erscheint am Freitag bei Warner Music. Y’akoto live: Sonntag, 21.30 Uhr, Hamburg, „Variété Liberté“, Karolinenstraße 45