AUCH IN NRW WIRD DIE CDU NICHT ZEIGEN, WAS SIE EIGENTLICH WILL
: Rüttgers’ neue Mitte

Bedeutet der Sieg der Union an Rhein und Ruhr, dass die CDU dort exemplarisch vorführen wird, wie sie sich die Deutschland AG so zurechtdenkt? Werden die Wähler in NRW beobachten können, welchen Kurplan die Union der gesamten Republik verordnen wird? Wohl kaum.

Jürgen Rüttgers’ Programmatik während des gesamten Wahlkampfes bestand aus wenig mehr als aus der Feststellung, dass 39 Jahre SPD-Regierung genug seien. Garniert mit Schlagworten wie Entbürokratisierung und Subventionsabbau für die Steinkohle – mehr bot die CDU in all den Wochen nicht an. Und mehr wird aus Düsseldorf bis zu den von der Bundesregierung verlangten Neuwahlen im Herbst auch nicht zu hören sein.

Aus wahltaktischen Gründen wird Jürgen Rüttgers gemeinsam mit der NRW-FDP vorerst höchstens einige kosmetische Maßnahmen starten. So dürfte es sicherlich der hoch subventionierten Steinkohle und den ungeliebten Gesamtschulen an den Kragen gehen, zu mehr reicht es bei der NRW-CDU bislang dann auch nicht. Wie könnte die CDU jetzt ausgerechnet in NRW zeigen, wo es zukünftig in Deutschland langgehen wird? Ginge es den Konservativen um einen radikalen Umschwung in der Subventions- und Ausgleichspolitik, hätten sie dies schon längst in Hessen oder in Niedersachsen demonstrieren können. Vielmehr wird die CDU an Rhein und Ruhr auf ein Fortbestehen dessen achten müssen, was den „rheinischen Kapitalismus“ ausmacht: Ausgleich von Interessen. Auch Jürgen Rüttgers weiß, dass Wahlen in der Mitte gewonnen werden.

Zudem ist NRW zwar das bevölkerungsreichste Bundesland, aber die Probleme, die von Bonn bis Bielefeld angegangen werden müssen, sind keineswegs repräsentativ für die gesamte Republik. Der Strukturwandel, der in NRW noch zu bewältigen ist, wo die Arbeitslosigkeit hoch und die Bildung niedrig ist, ist beispiellos im Westen Deutschlands. Hier wird auch die schwarz-gelbe Koalition in Düsseldorf keine neoliberalen Kunststücke vorführen können. NRW wird also den Schleier nicht lüften: Was bloß will die CDU? ADRIENNE WOLTERSDORF