Künstler über Projekt zu Diversität: „Hummus ist eine bindende Masse“

Das Diskussionsformat „Hummustopia“ bringt in Hamburg Fremde an einen Tisch, um bei Hummus und Musik zu diskutieren – und Gemeinsamkeiten zu finden.

Großer Hummus und Mann mit Kochlöffel

Verbindet: Riesen-Hummusschale in Israel Foto: Yossi Zamir/dpa

taz: Herr Rosenblum, worin liegt die „Zauberbindungsfreudenkraft“ von Hummus?

Avraham Rosenblum: Hummus ist symbolisch spannend – es ist quasi eine bindende Masse. Es passt sehr gut zu unserem Projekt, weil es ein in sich umstrittenes Essen ist. Es ist politisch aufgeladen, weil viele Nationalitäten und Gruppierungen die Herkunft bestreiten und Themen wie kulturelle Aneignung, Kolonialismus oder Kapitalismus dabei ins Spiel kommen. Hummus spielt lustigerweise auch da eine Rolle. Aber eigentlich ist es auch einfach lecker, gesund, vegan und viele Leute ­mögen es.

taz: Was passiert bei „Hummustopia“?

Rosenblum: Hummustopia ist ein Ort, wo fremde Menschen sich begegnen und über spannende Themen diskutieren können. Das Ziel ist, Menschen zusammenzubringen, trotz aller Unterschiede, und eine kleine Gemeinsamkeit zu finden. Es ist eine Art Gedankenübung. Wir sind uns viel näher als fremd, aber in unserer Routine vergessen wir das manchmal. Heutzutage mangelt es an persönlicher Begegnung. Bei Hummustopia können die Menschen erzählen, was sie wirklich glauben, anstatt jemandem gefallen zu müssen. Dieser Moment, zu erkennen, dass das Gegenüber einem nichts Böses will, ist sehr wichtig und das erfahren die Leute nicht so häufig.

geboren 1979 in Haifa, Israel, lebt seit 17 Jahren in Hamburg. Er ist Künstler und konzipiert interkulturelle Projekte für Diversität.

taz: Was macht eine erfolgreiche ­Diskussion aus?

Rosenblum: Wenn Leute, die sonst anderer Meinung sind, einen Kompromiss treffen. Dass sie einander zuhören und sagen: „Nee, da stimme ich nicht zu, das empört mich“, aber dass sie diesen Prozess mitmachen. Und oft, das freut mich richtig, merke ich, dass ein kleiner Perspektivwechsel passiert ist. Mir macht es am meisten Spaß, wenn das Publikum sehr divers ist. Deshalb spreche ich auch Pas­san­t*innen an und lade sie zum lecker Streiten ein. Wenn es total durchmischt ist, ist die Veranstaltung am schönsten. Wir wollen nicht die Wahrheit finden, sondern zwischen uns beiden die erste und kleinste Gemeinsamkeit und dann haben wir die Aufgabe schon erfüllt. Es gibt jedes Mal hunderte Gemeinsamkeiten und das addiert sich einfach zu was Schönem.

„1 Thema, 2 Menschen + Hummus – Austausch, Verständigung und Genuss“: 13.10., 15-18 Uhr im Haus Drei, Hamburg

taz: Wie stellen Sie sicher, dass die Diskussionen respektvoll und konstruktiv bleiben?

Rosenblum: Das ist uns sehr wichtig. Es gibt bei den Veranstaltungen immer eine professio­nelle Person aus der Konfliktberatung oder Awareness-Arbeit. Jeder Person, die dazu kommt, erklären wir ein paar Grundregeln: mit Respekt aufeinander aufzupassen, aber auch auf sich selbst zu achten. Keine Person muss eine Begegnung aushalten. Zu meiner großen Freude kam es sehr selten zu einem großen Streit, selbst dann nicht, wenn sich krass polarisierte Meinungen vor einem Tisch begegneten.

taz: Was können wir daraus für unsere ­alltäglichen Begegnungen lernen?

Rosenblum: Das Banale: Respekt fürein­ander zu haben und zu merken, dass wir nicht alles wissen. Einander auf Augenhöhe zu ­begegnen, ohne den anderen sofort in eine Schublade zu stecken. Und sich philosophische Fragen zu stellen, wie: Gibt es denn eine ­Wahrheit und wenn nicht, wessen Wahrheit ist wichtiger? Ist es meine? Das wäre ein ­komischer Zufall.

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