Werbekampagne der Polizei Brandenburg: Brandenburg oder Bronx?

Die Polizei Brandenburg wirbt mit einem Rap-Track um junge Nachwuchskräfte. Das Video wirkt aber nur gewollt jugendlich und gewaltverherrlichend.

Polizei schild

„Bewirb dich! Du bist unser fehlendes Puzzleteil“, lautet der Refrain Foto: Soeren Stache/dpa

Was ist das schlechteste Lied Deutschlands? Ist es „Sie liebt den DJ“ von Michael Wendler? „Deutschland“ von Ski Aggu? Spoiler: Keines von beiden, zumindest nicht mehr. Seit einer Woche ist es „Bewirb dich!“ der Brandenburger Polizei.

„Bewirb dich! Du bist unser fehlendes Puzzleteil“, rappen darin Brandenburger Polizist*innen. Der Hauptdarsteller ist ein Möchtegern-Gangster-Rapper, der von zwei Po­li­zis­t*in­nen im Sicherheitsgriff auf ein Polizeiauto gedrückt wird. Das Ziel des Musikvideos: Jugendliche zu motivieren, sich bei der Polizei zu bewerben. Die Zahlen sind seit Jahren rückläufig. Aber eine Bitte an alle, die dieses Video für eine Karriere bei der Polizei motiviert: Lasst es.

Das Video trieft vor toxischer Männlichkeit und Gewaltinszenierung. Obwohl Brandenburger Po­li­zis­t*in­nen vermutlich die meiste Zeit damit verbringen, gemeingefährliche Almans zu jagen, die beim Fahrradfahren aufs Handy schielen, wird das Bundesland als Bronx präsentiert: vor gepanzerten Sonderwagen inszenieren sich behelmte Hundertschaften, die mit Großgewehren hantieren.

Cops springen theatralisch aus Hubschraubern, während SEK- und KSK-Truppen Wohnungen stürmen. Zwischenschnitte zeigen zähnefletschende Kampfhunde, aus deren Mäulern beim Bellen der Sabber spritzt. Es muss heiß hergehen hinter der Berliner Landesgrenze. Den Vergleich zu Berlin zieht dann auch die Brandenburger Polizei selbst in dem Rap: „Wenn Berlin nichts für dich ist, gefällt dir Brandenburg sicher.“ Das woke Berlin zu links? Ui, ui, ui, da gehen die Alarmglocken aber an.

Sexismus ist in der Polizei weitverbreitet

Wenn das alles nicht ein paar Boys heiß auf eine dortige Karriere macht. Nochmal zur toxischen Männlichkeit: Eine Frau in extrem knapper, hautenger Hose hebt in dem Video Gewichte, während die Kamera sekundenlang auf ihren Po reinzoomt. Unmittelbar gefolgt von einem: „Hier sind die Geschlechter egal.“ (Sagt der Arbeitgeber mit einem bundesweiten Frauenanteil von durchschnittlich 30 Prozent und einem gigantischen Sexismusproblem.) „Worauf es bei uns ankommt, ist bei uns die Moral.“ Und was die Moral betrifft, ist spätestens nach dem Video deutlich, was darunter zu verstehen ist. Äh, nein, danke!

Alles an diesem Rap-Video ist Cringe Rap, kurzum: Crap. Verstörend sind aber auch die überwiegend positiven Kommentare unter dem Youtube-Video, das – Stand Dienstag – über 55.000 Mal aufgerufen wurde. „Jetzt habe ich Bock, zur Polizei zu gehen“, schreibt einer. Hat Russland etwa seine Trolls auf Brandenburg losgelassen? „Ihr habt die Zeichen der Zeit erkannt“, kommentiert eine andere. Zeichen der Zeit? Liebe Kollegin aus Brandenburg, nichts, wirklich gar nichts an dieser Gewollt-aber-nicht-gekonnt-Gangster-Rap-Kampagne ist zeitgemäß.

Und das Schlimmste an alldem: Ich habe einen Ohrwurm.

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