Das Reich Yahs liegt in der Wüste

ISRAEL Die Gemeinde der Schwarzen Hebräer wanderte vor 40 Jahren aus den USA ein. In ihrem „Paradies auf Erden“ wollen sie das Wort Gottes in die Praxis umsetzen

Die Schwarzen Hebräer sind wirtschaftlich erfolgreich und praktizieren die Polygamie

AUS DIMONA SUSANNE KNAUL

Das Königreich Gottes muss nicht jenseits unserer irdischen Wahrnehmung liegen. Prinz Immanuel Ben-Yehuda, einer der spirituellen Führer der Gemeinde der Schwarzen Hebräer, rät dazu, die Propheten Jesaja und Daniel wörtlich zu nehmen. „Gott im Himmel wird ein Königreich errichten, das nicht zerstört, noch anderen Völkern hinterlassen werden wird.“

Das „ganz reale Königreich“ liegt in Dimona, im Süden Israels. Umgeben von einer kargen Wüste, leben die rund 1.300 Schwarzen Hebräer in einfachen kleinen Plattenbauten, die die Jewish Agency vor über einem halben Jahrhundert für jüdische Immigranten errichten ließ.

Prinz Immanuel ist hochgewachsen und in ein tief gelbes Gewand gekleidet, die dunklen Augen von leicht angegrauten Locken eingerahmt. Die Schwarzen Hebräer seien eine Art Variante des Judentums, sagt er, „so wie es konservative Juden gibt oder Reformjuden und Liberale“. Sie selbst nennen sich die „Afrikanischen hebräischen Israeliten von Jerusalem“ und empfinden sich als Nachfahren der zwölf Stämme Israels. Wie die Israeliten praktizieren die Schwarzen Hebräer den Jahwe-Kult, wobei sie von „Yah“ sprechen, ohne den vollen Namen zu nennen. Sie halten sich an den Sabbat als Ruhetag und feiern die jüdischen Feste entsprechend dem Alten Testament.

In den 60er-Jahren machten sie sich unter der Führung ihres selbsternannten Gurus Ben Ammi Ben Israel auf den Weg ins gelobte Land. Er war 1939, als Ben Carter in Chicago zur Welt gekommen. Er arbeitete in einer Fabrik für Flugzeugersatzteile, als ihm ein Kollege davon berichtete, dass die Afroamerikaner von den biblischen Israeliten abstammen. Kurz darauf habe er eine Vision von Erzengel Gabriel gehabt, der ihm auftrug, die Gruppe nach Israel zu führen, um dort das Königreich Gottes aufzubauen. Es gelang ihm, immerhin 350 Afroamerikaner für seine Idee zu begeistern, von denen allerdings nur ein Bruchteil Israel erreichte. Die meisten warfen schon während der zweieinhalbjährigen Zwischenstation in Liberia, wo sie sich von den Überresten ihrer Sklavenmentalität reinigen wollten, das Handtuch und kehrten in die USA zurück. Die restlichen fünf Familien mussten sich, einmal in Israel angekommen, mit einem Touristenvisum zufriedengeben. Israel wollte die Afroamerikaner nicht als Juden anerkennen. Über 40 Jahre dauerte es, bis der erste Schwarze Hebräer in diesem Jahr die Staatsbürgerschaft erhielt. Zur Armee gehen die jungen Leute schon seit Jahren.

Die Schwarzen Hebräer sind strikt organisiert. Für das „spirituelle Wachstum“ und die „Umsetzung der Pläne Gottes“ sind die Prinzen zuständig. Davon gibt es neben Ben Ammi und Prinz Immanuel in Dimona zwei weitere. Vorläufig handelt es sich noch um eine reine Männerriege, wobei theoretisch auch Frauen die höchsten Posten besetzen könnten. Die „Minister“ fungieren wie eine Ortsvertretung und die „Gekrönten“ sorgen sich um die täglichen Bedürfnisse.

In dem „Königreich Yahs“, erklärt Prinz Immanuel, „hören Probleme, die die Menschheit plagen, auf zu existieren“. Das passiert deshalb, weil die Leute „nach dem Wort Gottes leben“. Bluthochdruck, Herz- und Atembeschwerden sind Fremdwörter in ihrem irdischen Paradies. Die Erwachsenen treiben viel Sport und lassen sich mindestens einmal im Monat massieren.

Außerdem essen die Schwarzen Hebräer keine tierischen Produkte. Früchte und Gemüse aus eigenem biologischen Anbau und die Sojaprodukte reichen weit über den eigenen Bedarf und werden wie die Kleidung, die sie aus pflanzlichen Materialien herstellen, auf dem israelischen Markt und sogar im Ausland gehandelt. Exportprodukt ist außerdem ihre Popmusik. Zweimal traten Schwarze Hebräer für Israel bei der Eurovision an.

Die Einkünfte fließen in eine gemeinsame Kasse. Jeder gibt, was er kann und bekommt, was er braucht. Die Gruppe kümmert sich um das Individuum. Dazu gehört die Beratung von jungen Paaren vor der Eheschließung. Die Schwarzen Hebräer sind polygam. „Das war historisch so, außerdem wurde es laut Thora nie verboten“, sagt der Prinz.