Union Busting bei Levi’s-Zulieferer

NGOs werfen Jeanskonzern Untätigkeit bei Missständen in türkischer Fabrik vor

Von Jürgen Gottschlich, Istanbul

Der weltweit größte Jeansproduzent Levi Strauss & Co kümmert sich nicht um die skandalösen Zustände in seiner türkischen Zulieferer-Firma Özak Tekstil. Diesen Vorwurf erheben die internationalen NGOs „Clean Clothes Campain“ (CCC) und das „Workers Rights Consortium“ in einer am Mittwoch veröffentlichten Mitteilung. In der Textilfabrik in Sanliurfa, im Südosten der Türkei, wurden letzten Dezember 400 Beschäftigte entlassen, nachdem diese wegen miserablen Arbeitsbedingungen und wegen sogenannten Union Bustings, also der Unterdrückung von Gewerkschaftsarbeit, zwei Wochen gestreikt hatten. Die Fabrik arbeitet ausschließlich für Levi’s. Der Rausschmiss betraf die Hälfte der Belegschaft.

Anlass für den Streik war die Kündigung der Gewerkschaftsaktivistin Seher Gülel. Gülel hatte sich in der neu gegründeten Gewerkschaft Birtek-Sen engagiert, die die Geschäftsführung von Özak Tekstil nicht zulassen wollte, weil in der Fabrik bereits eine Gewerkschaft aktiv ist. Dieses bezeichnet Gülel allerdings als „sehr unternehmensfreundlich“. Nach Protesten von CCC und dem „Workers Rights Consortium“ Ende 2023 erklärte Levi’s zunächst, dass das Vorgehen von Özak Tekstil dem eigene Verhaltenskodex widerspreche und man sich deshalb dafür einsetzen würden, dass die Firma die Kündigungen zurücknimmt.

Nun stellen die beiden Organisationen jedoch fest, dass sich Levi’s nicht an seine Zusagen gehalten habe. Nur ein sehr geringer Teil der entlassenen NäherInnen wurde den NGOs zufolge wieder eingestellt, und Birtek Sen wird bis jetzt nicht als Gewerkschaft akzeptiert. Die meisten der entlassenen ArbeiterInnen kämpfen nach wie vor um Abfindungen und Entschädigungen. Fast alle sind arbeitslos, was sich in der strukturschwachen Gegend wohl nicht so schnell ändern wird.

Die heutige Özak Global Holding wurde 1985 als Familienunternehmen mit einer ersten Textilfabrik in Istanbul gegründet. Mittlerweile betreibt der börsennotierte Konzern vier Textilfabriken, verdient sein Geld aber hauptsächlich im Immobilien- und Tourismusbereich. Die Art, wie Özak Tekstil gegen die Gewerkschaft vorging, ist typisch in der Türkei. Wer sich einer linken Gewerkschaft anschließen will, wird gefeuert. Möglich macht dies ein extrem repressives Gewerkschafts- und Arbeitsrecht, das nach dem Putsch 1980 eingeführt wurde. Die anderen Özak-Fabriken arbeiten ebenfalls für internationale Konzerne, darunter Hugo Boss. Auch hier gibt es Beschwerden wegen schlechter Arbeitsbedingungen wie unbezahlte Überstunden oder rüdes Verhalten der Vorarbeiter gegenüber jungen NäherInnen.