Scherbenhaufen Deutsche Börse

Auf der Hauptversammlung fordern Aktionäre Klarheit über die Strategie der mächtigen Hedgefonds

FRANKFURT/MAIN taz ■ Zwei gute Nachrichten hatte die Deutsche Börse AG gestern auf ihrer Hauptversammlung in Frankfurt am Main ihren Aktionären mitzuteilen: Für jede Aktie des Unternehmens bekommen sie 70 Cent Dividende. Insgesamt will die Börse in den nächsten drei Jahren 1,5 Milliarden Euro an die Anteilseigner ausschütten. Dennoch zeigten sich die meisten Investoren alles andere als erfreut. Das Image des Unternehmens sei lädiert nach dem von den angelsächsischen Großaktionären erzwungenen Rücktritt des Vorstandsvorsitzenden Werner Seifert und den Rücktrittsforderungen an Aufsichtsratschef Rolf Breuer, so die Sorge.

„Katastrophal“ nannte ein Aktionärsvertreter das Kommunikationsverhalten der Protagonisten. Trotz guter Zahlen stehe die Börse nun vor einem Scherbenhaufen. Vor allem Kleinaktionäre werteten darüber hinaus die 10 Millionen Euro an Abfindung für Seifert als „Provokation“.

Mehrere Anteilseigner forderten von den Investoren um den Hedgefonds TCI, die die geplante Übernahme der Londoner Börse LSE durch die Deutsche Börse verhindert und bei dieser Gelegenheit Seifert zum Rücktritt gezwungen hatten, eine Offenlegung ihrer Strategie. Zu der mutmaßlichen Übernahme der Macht im Unternehmen durch die von SPD-Chef Franz Müntefering als „Heuschrecken“ geschmähten Hedgefonds sagte Breuer jedoch nur so viel: Sie seien eine „Bereicherung für die Deutsche Börse“. Für den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank ist nämlich die „Phase der Kritik abgeschlossen“, nachdem TCI-Chef Christopher Hohn seinen Abwahlantrag gegen Breuer am Montag zurückgezogen hatte. Hohn soll gestern auch persönlich anwesend gewesen sein. Bis Redaktionsschluss blieb aber unklar, ob er das Wort ergreifen würde.

Dafür bescheinigte Finanzvorstand Mathias Hlubek, der für Seifert das Unternehmen vorübergehend führt, TCI „eine konstruktive Haltung“. Die bisherigen Ergebnisse des laufenden Jahres zeigten, „dass wir auf dem richtigen Weg sind“. Auf die Übernahme der LSE sei man nicht angewiesen, doch um die angestrebte Eigenkapitalrendite von 20 Prozent zu erreichen, blieben Akquisitionen und Partnerschaften weiter eine Option. Er appellierte an die Aktionäre, die Anträge auf Nichtentlastung von Vorstand und Aufsichtsrat nicht zu unterstützen. Aufgrund der Aussöhnung mit TCI dürfte diesem Ansinnen nach Redaktionsschluss wohl entsprochen worden sein.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT