Roglič triumphiert bei Spanienrundfahrt: Allen Viren zum Trotz

Mit Primož Roglič gewinnt das deutsche Radsportteam „Red Bull–Bora–hansgrohe“ die Vuelta. Der große Erfolg soll künftig zum Standard werden.

Gruppenfoto vom Siegerteam bei der Vuelta

Vuelta-Sieger Primož Roglič mit all seinen Helfern Foto: Isabel Infantes/reuters

Am Ende waren alle glücklich: Der Schweizer Stefan Küng, weil er das abschließende Zeitfahren über gut 24 Kilometer gewonnen hatte. Der Australier Ben O’Connor, weil er das erste Mal in seinem Leben auf einem Grand-Tour-Podium stand. Und Primož Roglič, weil er endlich nicht mehr andauernd auf die Toilette wetzen musste. Gut, der Slowene freute sich auch über seinen Gesamtsieg bei der Spanienrundfahrt, seinen vierten insgesamt. Aber in den letzten zwei Tagen hatte er weniger mit der Konkurrenz zu kämpfen als mit Problemen in den Eingeweiden.

Gleich zwei Fahrer seines Rennstalls Red Bull – Bora – hansgrohe hatten am vorletzten Tag wegen Magenbeschwerden die Rundfahrt aufgeben müssen. Ein Dritter, Nico Denz, kämpfte sich noch tapfer bis ins Ziel. Dort musste er nach geradezu heldenhafter Alleinfahrt über 160 Kilometer mit rumorendem Magen allerdings erkennen, dass er das Zeitlimit um winzige 56 Sekunden verpasst hatte.

„Über Nacht ist eine Krankheitswelle über uns hereingebrochen. Wir untersuchen derzeit, ob eine Lebensmittelvergiftung oder ein anderer Grund die Ursache ist. Mehrere Mitarbeiter sind betroffen und mussten bei der heutigen Etappe aussetzen“, erklärte der sportliche Leiter Patxi Vila später. Ganz geklärt sind die Ursachen immer noch nicht. Über eine Salmonellenvergiftung spekulierte das spanische Fernsehen. Der Rennstall selbst gab bislang keine finale Erklärung ab.

Auch Spitzenfahrer Roglič ging es an diesem Tage nicht gut. An die 20 Mal musste er auf die Toilette, meinte er mit schmalem Lächeln. „Im Magen habe ich es auch gespürt“, sagte er. Aber vielleicht ist sein Magen eben stärker, vielleicht sah sein Speiseplan auch anders aus. Roglič hielt durch, wurde guter Zweiter im Zeitfahren hinter dem früheren Europameister in dieser Disziplin, dem Schweizer Küng. Der konnte sich in seinem zehnten Profijahr über seinen ersten Etappensieg bei einer Grand Tour freuen. Oft genug war er nah dran, oft genug allerdings – insgesamt sechs Mal, um genau zu sein – war Roglič bei GrandTour-Zeitfahren vor dem Schweizer. Der Slowene vergrößerte in Madrid sogar noch seinen Vorsprung auf den Gesamtzweiten O’Connor.

Spannend bis kurz vor dem Ende

Der Abstand mit insgesamt 2:36 Minuten sieht allerdings souveräner aus, als das Rennen verlief. Denn der Australier setzte sich auf der 6. Etappe mit mehr als sechseinhalb Minuten ab und behauptete bis zum drittletzten Tag die Führung. Roglič drohten die Kilometer auszugehen, um O’Connor noch abzufangen. Der tauschte die Enttäuschung, den ganz großen Coup verpasst zu haben, schnell gegen den Stolz aus, so lange vorn Widerstand geleistet zu haben. Und Roglič war am Sonntag vor allem erleichtert. „Je näher man dem Ende kommt, desto mehr will man es vollenden. Ich bin sehr glücklich.Vier Siege – das ist verrückt. Ich will es einfach nur genießen“, erklärte er.

Glücklicher noch als Primož Roglič – immerhin kommt er in seiner Karriere schon auf fünf Grand-Tour-Siege, 2023 gewann er auch den Giro – wirkte Teamchef Ralph Denk. „Das ist ein ganz besonderer Moment. In unserer 15-jährigen Teamgeschichte gewinnen wir erst zum zweiten Mal eine Grand Tour“, spielte er auf den Giro-Triumph von Jai Hindley 2022 an. Der Rennstall hat zwar noch in Sachen Trophäen beträchtlichen Rückstand auf den eigenen Spitzenmann, der erst seit dieser Saison dabei ist. Aber mit Roglič hat Red Bull – Bora – hansgrohe den nächsten Schritt getan, sich als Grand-Tour-Equipe zu etablieren.

„Wir arbeiten hart daran, dass das bald unser neuer Standard wird“, unterstrich Denk die Ambitionen. Zwar ist die Vuelta nur die kleinste der drei großen Rundfahrten. Vom Streckenprofil her gesehen war diese Ausgabe aber die härteste. Wer seine Rivalen da so im Griff hat, wie es Roglič und Red Bull vor allem in der dritten Woche demonstrierten, und wem nicht mal ein Magen-Darm-Virus die Pläne total durchkreuzt, der darf guten Gewissens auch höhere Ziele anstreben.

Aus Sicht des Rennstalls gab es noch ein anderes erfreuliches Ergebnis. Das deutsche Nachwuchstalent Florian Lipowitz krönte seine starke erste komplett absolvierte Grand Tour als Siebter des Gesamtklassements. Seit Jan Ullrich ist kein deutscher Radprofi bei der Vuelta so gut wie der 23-Jährige gewesen.

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