Frag die Feuerwehr: Skelett im Baum
Auf dem verblichenen Feld riecht die Luft satt nach Bratwurst und Rauch. Überall lagern kleine Gruppen und glücklich verliebte Paare in der staubigen Steppe, die die Sonne und die intensive Nutzung hier kreiert hat. Dank Autobatterie und elektronischem Equipment wirft ein Musiker einen Klangteppich über den Mauerpark, während die Feuerfunken eines Lagerfeuers in den tiefblauen Nachthimmel stieben. Hier gibt man sich dem Augenblick hin.
Gleich um die Ecke, in der Oderberger Straße vor der Feuerwache, rauchen Männer in der lauen Sommernacht. Ihre Kollegen sind eben zu einem Einsatz ausgerückt. Neulich, in einer Bar, kam ich mit einem Feuerwehrmann ins Gespräch, was ausgezeichnet passte, denn seit längerem bereits hatte ich eine Frage zu den Kriterien von Feuerwehreinsätzen. Weil eine Frau an dieser Stelle eine Telefonodyssee beschrieben hatte. Sie hatte versucht, das Bergen einer miauenden Katze aus einem Baum in der Hasenheide zu veranlassen.
„Ach“, sagte der Feuerwehrmann. „Weißt du, wir werden auch angerufen in der Erwartung, etwas zu tun, wenn eine verstörte Ente auf einem Teich unablässig im Kreis herumrudert. Eigentlich haben wir mit Notfällen genug zu tun. Zum Beispiel, wenn ein alter Mensch aus dem Bett fällt und sich nicht mehr rühren kann. Und, falls du es bei einem Feuer einmal nicht mehr durch das Treppenhaus hinaus in Freie schaffen solltest, weil es bereits lichterloh brennt oder der Fluchtweg wegen starker Rauchentwicklung unpassierbar ist. Mach einfach alle Türen hinter dir zu und stell dich auf den Balkon. Wir holen dich da runter, darauf kannste dich verlassen.“ Er wuselte durch sein raspelkurzes Haar: „Aber eine Katze aus einem Baum retten?“ Er warf seine Stirn in Falten, seine Augen blitzten. „Hast du schon mal das Skelett einer Katze in einem Baum baumeln sehen?“
GUNDA SCHWANTJE
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