OFF-KINO
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

Anfang der 1970er-Jahre hatte die Bürgerrechtsbewegung in den USA ein turbulentes Jahrzehnt mit einigen Fort- und vielen Rückschritten hinter sich gebracht. Martin Luther King, die Galionsfigur friedlichen Protests, war ermordet worden und radikale schwarze Organisationen wie die „Black Panther“ standen bereit, ihren Forderungen deutlicher als bisher Nachdruck zu verleihen. In Hollywood hatte man die „Rassenfrage“ bis dato einfach ignoriert: Nur selten waren schwarze Darsteller in kommerziellen Produktionen dem Rollenklischee serviler Bediensteter, fröhlicher Entertainer oder dümmlicher Sklaven entronnen. Das änderte sich 1971 grundlegend mit dem von Richard Roundtree verkörperten coolen Privatdetektiv John Shaft: Der sprach in dem von Gordon Parks inszenierten ersten „Shaft“-Abenteuer die Sprache der Black Community, kannte sich mit deren Problemen tatsächlich aus und ließ sich definitiv nicht mehr länger von den Weißen herumkommandieren. Nicht unwesentlich war zudem, dass sich mit Roundtree erstmals ein schwarzes Sexsymbol im Film etablieren konnte. Und endlich konnten die Schwarzen im Kino auch ihre Musik hören: Für die funkig-groovende Titelmelodie erhielt Isaac Hayes sogar den Oscar. Der Erfolg der „Shaft“-Filme führte zur Ausbildung des „Blaxploitation“-Kinos mit seinen supercoolen schwarzen Macho-Helden. (OmU, Freiluftkino Mitte) Heute wirkt das wie Camp: Die aktuellste Wiederkehr eines derartigen Helden feiert mit einem gewissen Augenzwinkern der Action-Kracher „Black Dynamite“ (R.: Scott Sanders), der im Rahmen des Fantasy-Filmfests zu sehen ist. (OF, 20. 8. CinemaxX/ 21. 8. Cinestar Potsdamer Platz)

Zu den eher unbesungenen Helden der Rock-Geschichte gehört zweifellos Roky Erickson, der mit seiner texanischen Band The Thirteenth Floor Elevators das wohl beste Psychedelic-Album der Musikgeschichte aufnahm: „The Psychedelic Sounds of The Thirteenth Floor Elevators“ (1966) – Garagenrock britischer Prägung meets halluzinogene Drogen. Von Letzteren nahm Erickson dann wohl ein paar zu viel, Schizophrenie und psychotische Schübe waren die Folge. Musik machte er später auch immer mal wieder, dazu gab er dann Interviews, in denen er behauptete, vom Mars zu stammen – was er sich auch notariell bestätigen ließ. Heute soll es ihm wieder besser gehen. Ericksons eher tragischer Lebensgeschichte geht Regisseur Keven McAllister in der Doku „Roky Erickson – You’re Gonna Miss Me“ (2005) nach, die auch einige rare Archivaufnahmen der Elevators zeigt. Die schönsten Lieder, die ich von Erickson kenne, sind übrigens zwei Demos, die er mit Clementine Hall, der Frau seines Bandkollegen Tommy Hall, gemacht hat: „Splash“ (auch auf der ersten Elevators LP) und „Right Track Now“ – jeweils mit akustischer Gitarre und Mundharmonika intoniert, dazu singt Clementine Hall mit ätherischer Stimme im Hintergrund. Schön, schräg und sehr verletzlich wirkt das. Zeit, den Mann einmal wiederzuentdecken. (OF, 20., 23., 24. 8. White Trash Fast Food) Lars Penning