kinotipp der woche
: Poesie in Schwarz-Weiß

Unter dem Motto „Nach dem Alten. Jenseits des Neuen“ zeigt das Kino Krokodil Werke des tschechischen Regisseurs František Vláčil

„Unsere Geschichte spielt in einem harten Winter mit Frösten so barmherzig wie das Christentum jener Zeit.“ Auf diesen Satz der Erzählerstimme folgt ein Wechselspiel zweier rivalisierender Räuberfamilien, christlicher Missionierung, des böhmischen Königreichs und des sächsischen Adels im Böhmen inmitten der Christianisierung Anfang des 10. Jahrhunderts. Das Mittelalterepos „Marketa Lazarová“, ein Jahr vor dem Prager Frühling und dessen Niederschlagung 1967 fertiggestellt, ist das Meisterwerk des tschechischen Regisseurs František Vláčil. Für das Kino Krokodil hat der Filmpublizist Ralph Eue nun eine kleine Werkschau der Filme Vláčils zusammengestellt.

Der ­tschechische Regisseur František Vláčil. „Nach dem Alten. Jenseits des Neuen“, Kino Krokodil, 4.–12. 9.

1960 vollendete Vláčil sein Langfilmdebüt „Holubice“ („Die weiße Taube“), das die Reihe eröffnet. Der Film folgt dem Schicksal der Taube: Auf einem Hügel in Belgien lassen Taubenzüchter Tauben frei, die ihren Weg nach Fehmarn nehmen sollen. Gemeinsam mit Kameramann Jan Čuřík verwebt Vláčil expressive, teils auch leicht surreal anmutende Schwarz-Weiß-Bilder mit einer Erzählung, in der Poesie die Freiräume füllt. Zwei Jahre später folgt die historische Allegorie „Ďáblova past“ („Die Teufelsfalle“), in der ein Herrscher im 17. Jahrhundert einen Müller mit Hilfe der Inquisition verfolgt.

Die Filmreihe rückt einen Filmemacher der tschechoslowakischen Nachkriegsmoderne in die Aufmerksamkeit des Berliner Publikums, dessen Filme außerhalb Tschechiens noch immer wenig bekannt sind. Fabian Tietke

Szene aus „Marketa Lazarová“ (R.: František Vláčil, 1967) Foto: ­Bildstörung