Datenschutz à la Uwe

Der niedersächsische Datenschutzbeauftragte will vorzeitig in den Ruhestand gehen. Er protestiert damit gegen die Übernahme eines Teils seiner Kompetenzen durch Innenminister Schünemann

von Daniel Wiese

Zu den Vorfällen, die zu seiner Entscheidung geführt haben, möchte Burckhard Nedden nichts sagen. So viel ist aber klar: der niedersächsische Landesbeauftragte für Datenschutz hat einen Antrag auf Altersteilzeit eingereicht. Ab April wird er nicht mehr auf seinem Posten sein.

Hintergrund dieser Entscheidung – zumindest das ist Nedden bereit zu bestätigen – ist ein Beschluss der Landesregierung in Hannover, die Kompetenzen des Datenschutzbeauftragten zu beschneiden. Die „Überwachung des Datenschutzes im nicht-öffentlichen Bereich“ werde Innenminister Uwe Schünemann übertragen, verkündete diese Woche die niedersächsische Staatskanzlei.

„Mit Herrn Schünemann erklärt sich der Bock zum Gärtner“, schäumte Sigrid Leuschner von der SPD-Opposition. „Schünemann ist in der Vergangenheit als manischer Datensammler aufgefallen. Dass er sich jetzt zum obersten Datenschützer aufschwingen will“, sei, so die Politikerin, „ein schlechter Witz“.

Tatsächlich ist es nicht ganz unproblematisch, wenn sich das Ministerium, dem Polizei und Verfassungsschutz unterstehen, zum obersten Datenhüter macht. Im „nicht-öffentlichen“ Bereich geht es auch um die Daten, die von Unternehmen über ihre Kunden gesammelt werden. So werden in naher Zukunft die Strichcodes in den Supermärkten durch implantierte RFID-Chips ersetzt (Radio Frequency Identification), die über Funk identifizierbar sind. Die Waren können also jederzeit geortet werden.

Das ist nicht nur schlecht für Kaufhausdiebe, sondern auch für den Datenschutz. Sollte der Kunde zum Beispiel mit Kreditkarte bezahlen, lässt sich die Ware dem Kreditkartenbesitzer zuordnen. Für den Datenschutzbeauftragten ist das eine Horrorvision: „Es ist dann nicht mehr schwer, exakte Bewegungsbilder zu erstellen“, sagt Burckhard Nedden. Die Unternehmen könnten seiner Meinung so etwas tun, um das Kaufverhalten zu analysieren oder Werbestrategien zu erstellen.

Dass der Schutz dieser ja auch ermittlungstechnisch interessanten Daten ausgerechnet dem Innenministerium anvertraut werden soll, dazu sagt der Jurist Burckhard Nedden nichts. Schließlich ist das Innenministerium seine vorgesetzte Behörde. Was er sagt, ist: „Der Trend geht in die andere Richtung“. So gebe es nur zwei Bundesländer (Baden-Württemberg und Brandenburg), in denen das Innenministerium sich selbst als Datenschützer betätigt. Eins davon, Baden-Württemberg, überlege derzeit, das zu ändern.

Auch praktische Gründe sprechen dafür, den Datenschutz in der Hand eines unabhängigen Landesbeauftragten zu lassen. Ein wichtiger Teil seiner Arbeit, sagt Burckhard Nedden, sei Erforschung von Überwachungstechnologien. So werden die RFID-Chips nicht nur für die Registrierung und Verortung von Waren eingesetzt. Auch die neuen, von der Bundesregierung beschlossenen Personalausweise bedienen sich dieser Chip-Technologie, nur dass auf den Chips dann die biometrischen Daten gespeichert sind. „In Amerika“, sagt Nedden, „wird das auch an Gefangenen ausprobiert.“