Arbeiten im Alter: Prämie für Rente mit 69

Bundesarbeitsminister Heil (SPD) will durch Prämien für Arbeit im Rentenalter die Zahl der „Silverworker“ erhöhen. Nur wenige dürften profitierten.

Die Achtzigjährige Mathilde Kamprad arbeit immer weiter für ihre Gemeinde Foto: Steffen Schellhorn/imago

BERLIN taz | Bisher sind sie eine kleine Minderheit: Beschäftigte, die die Regelaltersgrenze von inzwischen 66 Jahren erreichen und einfach weiterarbeiten, womöglich bei demselben Unternehmen. Ihre Rente nehmen sie nicht in Anspruch. Für jeden Monat Mehrarbeit erhöht sich dafür ihr Rentenanspruch um 0,5 Prozentpunkte. Wer dann drei Jahre später mit 69 Jahren tatsächlich in Rente geht, erhält auf diesem Weg also 18 Prozent mehr Rente, und zwar auf Lebenszeit.

Nach aktuellen Zahlen der Deutschen Rentenversicherung haben von den fast 1 Million Menschen, die 2023 neu in die gesetzliche Altersrente gingen, nur 44.800 ihr Ruhegeld durch einen Aufschub aufgebessert. „Den Renteneintritt aufzuschieben macht nur eine Minderheit“, sagt Dirk Manthey, Sprecher der Deutschen Rentenversicherung, der taz.

Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will den späteren Renteneintritt nun attraktiver machen und die Zahl dieser „Silverworker“ erhöhen. Er plant eine einmalige „Rentenaufschubprämie“, allerdings nicht als Ergänzung, sondern als Alternative zum bisherigen Modell. Die entsprechende Änderung in den Sozialgesetzen soll Anfang September im Kabinett beschlossen und dann im Parlament beraten werden.

Nach den Heil’schen Plänen sollen Beschäftigte, die über die Regelaltersgrenze hinaus und ohne gleichzeitigen Rentenbezug bis zu drei Jahre länger sozialversicherungspflichtig arbeiten, bei Rentenbeginn eine einmalige Prämie ausgezahlt bekommen. Diese soll sich aus der monatlichen Rente multipliziert mit der Anzahl der aufgeschobenen Monate ergeben.

Der Aufschub soll sich lohnen

Für drei Jahre Aufschub bei 1.100 Euro Rente bekäme man also eine einmalige Prämie von 39.600 Euro ausgezahlt plus den Anteil des Krankenkassenbeitrags, den die Rentenkasse durch den späteren Renteneintritt gespart hat. Insgesamt kämen im genannten Beispiel mehr als 40.000 Euro auf einen Schlag zusammen, sozialversicherungsfrei. Die monatlichen Rentenerhöhungen wie im aktuellen Modell fielen bei der Prämienzahlung weg, man kann sich aber beim Aufschub alternativ auch für eine monatlich höhere Rente entscheiden wie bisher.

Anja Piel, Vorstandsmitglied im Deutschen Gewerkschaftsbund, ist skeptisch. Diese „Rentenaufschubprämie“ sei nur für „diejenigen gut, die genug verdienen und gesund genug sind, den Rentenbeginn aufzuschieben“, so Piel in einer Presseerklärung. Dafür würden sie dann mit einer „beitragsfreien Nachzahlung belohnt“ und hätten gegenüber anderen einen Vorteil.

Die meisten Menschen wollen bislang ihre Rente spätestens mit Erreichen der Regelaltersgrenze erhalten, viele bessern diese aber auf. Rund 1,1 Millionen Rent­ne­r:in­nen gehen auch nach der Regelaltersgrenze einer Beschäftigung nach, die Mehrzahl davon hat Minijobs.

Vorteile auch für jobbende Rentner

Wer künftig Rente bezieht und nebenher sozialversicherungspflichtig arbeitet, soll aber auch von den Heil'schen Plänen profitieren. Bisher zahlen Arbeitgeber für arbeitende Rent­ne­r:in­nen die Sozialbeiträge für die Arbeitslosenversicherung und die Rentenversicherung, ohne dass den Beschäftigten daraus aber Ansprüche auf mehr Rentenzahlungen erwachsen.

Ansprüche auf mehr Rente durch den Nebenjob erarbeiten die Ru­he­ständ­le­r:in­nen bisher nur, wenn sie ihrerseits auch den Arbeitnehmerbeitrag für die Rentenkasse entrichten. Dies müssen sie aber nicht und die meisten älteren Beschäftigten verzichten auch darauf, weil sie ohne die Beitragszahlung mehr Nettolohn bekommen. Der Arbeitgeberbeitrag in die Rentenkasse wird sozusagen von der Rentenversicherung ohne Gegenleistung kassiert.

Nach den Heil'schen Plänen sollen die beschäftigten Rent­ne­r:in­nen künftig den Arbeitgeberanteil für die Renten- und Arbeitslosenkasse ausgezahlt bekommen, was allerdings die Einnahmen der Sozialkassen mindern würde. Piel spricht auch deswegen von einem „milliardenschweren Eingriff in die Sozialversicherungen“ durch die geplanten Neuregelungen.

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