Zeitgewinn bei Atomgesprächen in Genf

Mit detaillierten Vorschlägen zur Sicherung der Versorgung Irans mit Atomstrom bewegt die EU die Teheraner Regierung dazu, vorläufig an der Aussetzung der Urananreicherung festzuhalten. In zwei Monaten steht die nächste Verhandlungsrunde an

AUS GENF ANDREAS ZUMACH

Iran besteht weiter auf seinem Recht zur Anreicherung von Uran zwecks atomaren Energiegewinnung. Gleichzeitig ist die Regierung in Teheran aber bereit, den im November 2004 vorläufig unterbrochenen Betrieb ihrer Anreicherungsanlagen zumindest bis Anfang August nicht wieder aufzunehmen. Diese Zusage machte der Leiter des iranischen Atomprogramms, Hassan Rohani, am Mittwochabend in Genf gegenüber den Außenministern des EU-Trios Frankreich, Großbritannien und Deutschland, Michel Barnier, Jack Straw und Joseph Fischer. Damit konnte das im Vorfeld des Genfer Treffens befürchtete Scheitern der Verhandlungen zwischen Iran und der EU über Teherans umstrittenes Atomprogramm zunächst um zwei Monate aufgeschoben werden.

Die drei Außenminister erreichten die Zusage Rohanis mit erstmals und zunächst nur mündlich präsentierten detaillierten Vorschlägen für mögliche Beiträge der EU zur gesicherten Versorgung Irans mit atomarer Energie. Bis Ende Juli will die EU der Regierung in Teheran diese Vorschläge in verbindlicher schriftlicher Form unterbreiten. Das Angebot der EU umfasst unter anderem die Lieferung von modernen Leichtwasser-Reaktoren, die sich nicht für die Entwicklung von Atomwaffen nutzen lassen. Während der Präsentation der EU-Angebote durch die drei Außenminister insistierte Rohani nach Angaben von Teilnehmern des Treffens mehrfach auf Konkretisierung der Angebote sowie auf Fristen für ihre Umsetzung. Fischer bat den iranischen Chefunterhändler schließlich um „mehr Geduld“ bis zur Vorlage des schriftlichen EU-Angebots in zwei Monaten.

Auf einer anschließenden Pressekonferenz unterstrich Rohani, das Treffen sei „die erste“ von fünf Verhandlungsrunden seit November letzten Jahres gewesen, in der die EU-Seite konkrete, verbindliche und zeitlich definierte Zusagen für ein Abkommen gemacht habe. Ein Mitglied der iranischen Delegation erläuterte, das Angebot der Außenminister sei „schließlich so gut gewesen, dass wir nicht mehr Nein sagen konnten“. Mit Verweis auf diese Zusage der EU könne die Regierung in Teheran „die Hardliner, die eine sofortige Wiederaufnahme der Urananreicherung verlangen, vorläufig in Schach halten“.

Gegenüber den drei Außenministern hatte Rohani allerdings auch erklärt, die EU bewege sich „in die falsche Richtung“, wenn sie glaube, mit ihren Angeboten könne sie Iran zum dauerhaften Verzicht auf die Urananreicherung bewegen. Das „durch den Atomwaffensperrvertrag verbriefte“ Recht auf die Urananreicherung werde Teheran „unter keinen Umständen aufgeben“.

Dennoch äußerten die drei EU-Außenminister auf einer anschließenden Pressekonferenz die Hoffnung, nach den iranischen Präsidentschaftswahlen vom 17. Juni werde deren voraussichtlicher Sieger, Expräsident Ali Akbar Haschemi Rafsandschani, einen „gemäßigteren Kurs“ in der Frage des Atomprogramms fahren.

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