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Eine flexible Frau Deutschland 2010, R: Tatjana Turanskyj, D: Mira Partecke, Laura Tonke

Eine Frau wankt durch ein Stoppelfeld, ihre Stöckelschuhe hat sie ausgezogen, im Hintergrund Neubauten: Townhouses für den saturierten Mittelstand. Sie hat getrunken, es ist ihr vierzigster Geburtstag. Das Feld liegt am Stadtrand von Berlin. Die Protagonistin, eine seit Jahren arbeitslose Architektin, muss viel wegstecken. Die Regisseurin Tatjana Turanskyj schafft es in ihrem absolut sehenswerten Film, Bilder und Abläufe zu zeigen über das Gefühl des Scheiterns als vom Arbeitsmarkt Ausgestoßene.

„Eine flexible Frau“ ist eine eigenständige Singlefrau, die sich der Marktmechanismen bewusst ist, bei denen sie unter die Räder kommt. Der einzige greifbare Job für sie ist Outbound: Im Callcenter Unbekannte anrufen, um zu versuchen, ihnen etwas aufzuschwatzen, in ihrem Fall sinnigerweise: Fertighäuser. Und immer von innen heraus lächeln...

Turanskyj zeigt in ihrem Film die Entsolidarisierung in der Mittelschicht, die Konkurrenz bis zum Offenbarungseid: Ihre FreundInnen feiern und plaudern gerne mal mit Greta, aber als sie fragt, ob sie nicht mit ihnen arbeiten kann, bekommt sie auch nur bekanntes: Absagen. Plötzlich ist Mann geschäftstüchtig, selbst in der Kneipe.

Alles ist Projekt, alles potentiell verwertbar, nur Greta nicht. Sie ist draußen. Obwohl sie in ihrer autonom durchgeführten Architekturrecherche durch das protzige modernisierte Berlin der Macht – Bundesfinanzministerium – und des besserverdienenden Mittelstandes – Townhouses und Privatstraßen – zeigt, wie viele gute Ideen für eine nicht auf Gewinn- sondern auf Lebensqualitätsmaximierung ausgerichtete Architektur sie hat. Es ist kein Zufall, dass der Film dort endet, wo er angefangen hat: auf dem Stoppelfeld. Nur hier, auf dem temporären Brachland, ist noch Raum für Greta jenseits der Verwertungsinteressen der Besitzenden. Durch die Figur eines Stadtführers, der die moderne Dienstleistungsgesellschaft mit den prekären Arbeitsverhältnissen besonders für Frauen einer antipatriarchalen Kritik unterzieht, wird deutlich, dass die feministischen Forderungen nach einem Ende der ökonomischen Diskriminierung von Frauen und für eine Entlohnung der Reproduktionsarbeit bisher gescheitert sind.

„Eine flexible Frau“ läuft im Rahmen einer Filmreihe im B-Movie zum Thema: „Arbeit – Feminismus – Klappe auf“. Die queer-feministischen Gruppe rapidas zeigt den ganzen April hindurch Filme, in denen eine konsequente, radikale feministische Kritik der Verhältnisse zu sehen ist. Die sich nicht darin erschöpft, zu fordern, sich lieber von einer Chefin als von einem Chef ausbeuten zu lassen und dann sei alles gut.

Gaston Kirsche

„Eine flexible Frau läuft Do, 5. 4., 22 Uhr, So, 8. 4., 21 Uhr, So 22. 4. 19 Uhr, im B-Movie, Brigittenstraße 5, Hamburg. Programm der Reihe Arbeit - Feminismus - Klappe: www.b-movie.de