„Die Höhe ist für Qualität nicht entscheidend“

Unesco-Ehrenmitglied Peter P. Canisius empfiehlt statt Hochhäusern am Deutzer Bahnhof einen neuen städtebaulichen Wettbewerb und eine Mischnutzung des Areals, damit der Dom bald von der Roten Liste der Unesco gestrichen wird

taz: Herr Canisius, die Verträge für den Jahn-Turm liegen vor, sind aber noch nicht beglaubigt. Die Unesco drängt auf eine Änderung der Bebauungspläne um den Deutzer Bahnhof. Was empfehlen Sie der Stadt in dieser Situation?

Canisius: Die städtebauliche Gesamtkonzeption für Deutz müsste überarbeitet werden. Auch der Jahn-Turm müsste neu überdacht werden. Die Stadt Wien war vor einigen Jahren in einer ähnlichen Situation. Doch sie hat es geschafft, die Kritik der Unesco konstruktiv zu wenden und mit einem neuen städtebaulichen Wettbewerb die Chance zu nutzen. Das würde ich mir auch für Köln wünschen.

Wäre am Deutzer Bahnhof eventuell mit einer Bebauung in der Fläche sogar mehr Profit zu erzielen als mit den umstrittenen Wolkenkratzern?

Wenn dort ein urbanes Entwicklungsgebiet entstünde, mit Wohnungen, Büros, Kleinbetrieben, Geschäften und Kneipen, dann hielte ich das für einen hervorragenden Weg für das rechtsrheinische Ufer, der sicher für die Zukunft von Deutz mehr verspräche als die jetzige Planung. Das Haus von Renzo Piano in der Schildergasse zeigt doch, dass die Höhe für die bauliche Qualität nicht entscheidend ist.

Wie darf man sich das jetzt in Aussicht gestellte Moratorium der Unesco vorstellen?

Wenn die Unesco den Eindruck gewinnt, dass Köln sich bewegt, kann sie die Entscheidung über den Dom noch einmal aufschieben. Bei der nächsten Sitzung im Juli in Durban müsste offenkundig sein, dass die Stadt sich auf den Weg gemacht hat. Dann könnte man noch einmal Aufschub gewähren.

Kölns christdemokratischer Oberbürgermeister Fritz Schramma beklagte vor der Wiener Konferenz, er wüsste nicht, was die Unesco eigentlich will. Können Sie ihm auf die Sprünge helfen?

Die Unesco möchte, dass Köln mit seinem Weltkulturerbe eine attraktive Stadt bleibt, die ihr Kulturerbe der ganzen Welt zur Verfügung stellt und es pflegt. Der behutsame Umgang mit einer alten Stadt und der vernünftige Aufbau einer modernen Stadt sind bei der Unesco Maximen, die nicht gegen irgendjemanden gerichtet, sondern für die Stadt gedacht sind.

INTERVIEW: S. SEDLMAYR