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Ratschläge für Rechtsextreme

Rassisten aus den USA oder Großbritannien wollen ihre Gesinnungsbrüder in Irland unterstützen, mit Worten und Geld

Aus Dublin Ralf Sotscheck

Es war fast wie früher: Die Polizei wurde während gewaltsamer Ausschreitungen im nordirischen Belfast Anfang der Woche mit Benzinbomben, Steinen und Ziegelsteinen angegriffen. Und doch war diesmal etwas anders: Der rechte Mob schwenkte sowohl den britischen Union Jack, als auch die irische Trikolore. So hatte man sich die Annäherung zwischen den beiden Bevölkerungsgruppen, die sich lange bekämpft hatten, nicht vorgestellt.

Der Gewaltorgie ging ein Wochenende voller Unruhen voraus, ausgelöst von einem Amoklauf im nordwestenglischen Southport, bei dem drei Mädchen erstochen und weitere Kinder teils schwer verletzt wurden. Tatverdächtig ist ein Jugendlicher mit ruandischem Migrationshintergrund.

Die Randale der Rechten richtete sich in Belfast vor allem gegen muslimische Geschäfte. Unter anderem wurden Cafés und Supermärkte im Süden der Stadt durch Brandbomben schwer beschädigt. Die Polizei hinderte die Menge daran, zum Islamischen Zentrum zu marschieren, woraufhin die Demonstranten in die Nebenstraßen auswichen.

Rechtsextreme Gruppen aus dem irischen Dublin ergreifen die Gelegenheit, bei den anhaltenden Ausschreitungen in Nordirland mitzumachen. Am vergangenen Wochenende reisten sie mit der irischen Trikolore und Plakaten mit der Aufschrift „Coolock sagt Nein“ nach Belfast zu ihren Gesinnungsgenossen. Coolock ist ein benachteiligter Stadtteil im Norden der irischen Hauptstadt Dublin. In einem ehemaligen Fabrikgebäude dort sollen etwa 500 Asylbewerber untergebracht werden. Der Widerstand rechtsextremer Gruppen formierte sich schnell, binnen einer Woche brannte es fünfmal in dem Gebäude.

Die Proteste gegen Einwanderung haben für Aufmerksamkeit in der internationalen rechtsextremen Szene gesorgt. Rassisten aus den USA, aus dem Vereinigten Königreich und anderen Ländern bieten ihren irischen Pendants Unterstützung, Geld und Ratschläge an.

Etwa Frank Silva – eine prominente Figur in der US-amerikanischen rassistischen Bewegung der 80er Jahre. Er war Anführer des Los Angeles Chapter des Ku-Klux-Klan und Gründungsmitglied von „The Order“, einer neonazistischen Terrorgruppe, die eine Reihe von Gewaltverbrechen in den USA verübte, bevor das FBI sie auflöste. Er wurde 1985 zu einer 40-jährigen Haftstrafe verurteilt und ist der prominenteste von mehreren US-amerikanischen „White Supremacists“, die irische Aktivisten beraten.

Während der Gewalttätigkeiten in Coolock kontaktierte außerdem der britische rechtsextreme Agitator Tommy Robinson einen Gesinnungsbruder in Dublin, der darüber gesprochen hatte, mit gestohlenen Autos Polizeiwägen zu rammen. „Es ist toll, das zu sehen, Jungs“, schrieb er. „Macht weiter so.“ Robinson treibt sich seit einiger Zeit in irischen rechtsextremen Kreisen herum und hat Verbindungen zu migrationsfeindlichen Gruppen.

Noch haben die Rechtsextremen in Irland den Durchbruch nicht geschafft, aber der Boden ist fruchtbar. Im März stellte das Meinungsforschungsunternehmen FocalData in acht Ländern Untersuchungen an: den USA, dem Vereinigten Königreich, Frankreich, Deutschland, Italien, den Niederlanden, Schweden und Irland. In sieben dieser Länder gibt es starke rechtsextreme Bewegungen, die Ausnahme ist Irland. Die Studie zeigt jedoch, dass es dort nicht an Unterstützung für rechtsextremen Überzeugungen mangelt. Es ist aber bisher niemandem gelungen, diese Überzeugungen in eine ernstzunehmende politische Kraft zu transformieren. Auf die Frage, ob sie die Unterstützung einer solchen Partei in Betracht ziehen würden, antworteten 31 Prozent der Befragten in Irland mit Ja. Das ist ebenso viel wie in den USA, England und Italien und sogar ein höherer Wert als in Deutschland.

Aber es gibt einen Lichtblick: Am vorigen Wochenende gingen Hunderte zu einer antirassistischen Gegendemonstration in Belfast auf die Straße. In den sozialen Medien wird nun erneut zu Protesten gegen Einwanderung in ganz Nordirland am kommenden Wochenende aufgerufen. Die Gegendemonstranten werden dann wieder gefordert sein.