berliner szenen Tod, du alte Krake

Was bleibt, ist eine Lücke

Rockerpeter has just left the building. Ich trinke ein halbes abgestandenes Bier und rauche eine. Dazu schaue ich auf die seit Tagen heruntergelassenen Jalousien der Hinterhauswohnung im zweiten Stock. Es ist ein warmer sonniger Vormittag, aber einer fehlt ab jetzt. Hat aufgegeben, ist schlecht gestorben, sagt der Nachbar, ein alter Stadtindianer.

Rockerpeter traf man entweder im Blaumann an oder in schwarzer, aufbegehrender Kleidung und niemals ohne seinen greisen Hund Blacky. Er war eine Institution in der kleinen Nebenstraße des Bergmann-Boulevards, und man freute sich, wenn er einen grüßte und ein Lächeln sein resigniertes Gesicht mit der dicken Brille und dem lückenhaften Gebiss aufhellte. Vor einer Weile war seine Freundin aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen. Eine alte Alkoholikerin, auch sein Sohn, der im selben Haus wohnt, ist ein Trinker.

Rockerpeter selbst hatte vor zehn Jahren mit dem Trinken aufgehört. Er hatte die Hauswartsstelle in dem Hinterhaus inne, wischte die Treppen und kümmerte sich um kleinere Reparaturen. Ihn nicht mehr anzutreffen, ist bitter.

Die Hausmeisterstelle hatte er vor einer Weile gekündigt, sie wurde ihm zu anstrengend, aber vor allem bekam er wegen Hartz IV fast kein Geld mehr dafür, bisher hatte er damit seine Miete verdient. Der Stadtindianer meint, diese Veränderung habe die folgende schlechte Entwicklung von Rockerpeters Leben befördert. Er sei böse geworden, habe plötzlich mit jedem Händel angefangen. Dann kamen Herzschmerzen dazu. Warten auf ein freies Bett im Krankenhaus. Eines Nachts dann extreme Atemnot, Notarzt und Operation. Dabei wurde fortgeschrittener Lungenkrebs entdeckt. Das überstieg seine Kräfte. KATRIN SCHINGS