brief des tages
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Greenwashing Namibia?

„Deutsches Exportgeschäft in Namibia: Kolonialer Wasserstoff“, taz vom 27. 7. 24

Das Umsteigen auf grünen Wasserstoff als Energieträger für ein postfossiles Zeitalter weckt Hoffnungen auf eine neue Qualität postkolonialer Nord-Süd-Beziehungen: Die traditionelle Rolle bisher benachteiligter ­Trockengebiete als Rohstofflieferanten für die Industriegesellschaften wird ersetzt durch einen neuen Typus der Kooperation zum beiderseitigen Vorteil.

Doch für Autor Shilongo ist zunächst einmal Misstrauen angesagt. Er vermutet, dass sich bei dem anlaufenden Projekt an der Küste Namibias in einem höchst sensiblen historischen Kontext (ehemaliges deutsches Konzentrationslager, noch dazu in einem Naturschutzgebiet) erneut ein vertrautes Muster durchsetzt: mangelnde Berücksichtigung des Biotop- und Artenschutzes, Insensibilität der Betreiber für ein kolonialzeitliches Verbrechen und die fehlende Bereitschaft, die örtlich Betroffenen am ökonomischen Ertrag großzügig zu beteiligen.

Sollten die schweren Vorwürfe des Autors sich auch nur halbwegs als berechtigt erweisen, käme dies einem Versagen grüner Außen- und Wirtschaftspolitik gleich.

Johannes Küchler, Berlin