Pixelboom sorgt für Filmriss bei Agfa

Der Traditionshersteller hat vor einer Woche Insolvenz angemeldet. Die Mitarbeiter wurden erst am Donnerstag informiert. Im November hatten Finanzinvestoren die Sparte übernommen. Denn der Agfa-Konzern verdient sein Geld woanders

AUS BERLIN STEPHAN KOSCH

Die AgfaPhoto GmbH ist pleite. Bereits vor einer Woche hatte der Hersteller von Fotofilmen und Papieren beim Amtsgericht Köln einen Insolvenzantrag eingereicht. Bekannt wurde das aber erst gestern. Die Arbeitnehmervertreter wurde erst am Mittwochabend über den Antrag informiert, sagte Betriebsratchef Bernhard Dykstra im WDR.

Hintergrund der Zahlungsunfähigkeit ist die zunehmende Digitalisierung der Fotobranche. Bereits 2003 hatte der Agfa-Konzern im Geschäftsfeld Filme und Fotopapier 17 Prozent weniger Umsatz und einen Betriebsverlust von rund 84 Millionen Euro verkraften müssen. Im November 2004 wurde die Sparte dann an Finanzinvestoren und Manager verkauft. Denn der Konzern setzt auf Wachstum mit Spezialprodukten für Druckereien und Diagnosesysteme in Kliniken.

„Die beste Lösung für Agfa, seine Mitarbeiter und Kunden“, verkündeten der Vorstandsvorsitzende Ludo Verhoeven und Verwaltungsratchef Pol Bamelis noch in diesem März. Das dürften die verbliebenen 1.800 Mitarbeiter der AgfaPhoto nun anders sehen. Sie wurden am Donnerstag via Intranet über die Pleite informiert. Ein Unternehmenssprecher sagte gestern, die negative Entwicklung sei so zunächst nicht absehbar gewesen.

Nun muss ein Insolvenzverwalter, den das Kölner Amtsgericht gestern bestellte, sehen, ob das Unternehmen noch sanierungsfähig ist und weiterverkauft werden kann. Bislang gehört AgfaPhoto zu 55 Prozent der Nanno Beteiligungsholding um den Geschäftsmann Hartmut Emans, zu 25 Prozent den AgfaPhoto-Managern und zu je 10 Prozent zwei US-Investoren.

Sollte die Sanierung aus der Insolvenz, die zum Beispiel bei dem Bürohersteller Herlitz gelang, nicht möglich sein, ginge eine über 100-jährige Tradition zu Ende. Agfa brachte 1936 den ersten modernen Farbfilm auf den Markt. Das seit 1897 eingetragene Warenzeichen ist eine Kurzbezeichnung aus „Actien-Gesellschaft für Anilin-Fabrikationen“. Das erste Fotoprodukt von Agfa war 1889 ein Entwickler.

Im Zeitalter digitaler Fotografie sinkt der Bedarf an solchen Produkten aber stetig. Das bekommen auch andere Traditionshersteller zu spüren. So hat der Kamerahersteller Leica den Trend zu Digitalkameras unterschätzt und sich erst spät gemeinsam mit einem japanischen Hersteller auf den neuen Markt gewagt. Ein neues Modul, mit dem Kleinbildkameras sowohl analog als auch digital fotografieren können, soll Leica nun das Überleben sichern. Es wird Zeit. Denn nach 3,4 Millionen Euro minus im vergangenen Geschäftsjahr erwartet Leica auch für das laufende Jahr einen operativen Verlust von über 12,8 Millionen Euro. (mit dpa, rtr)