Verurteilter Straftäter bei Olympia: Die „eine Sache“

Beachvolleyballer van de Velde, einst verurteilt wegen Vergewaltigung einer 12-Jährigen, wird ausgebuht. Bei Olympia ist der Fall wieder aktuell.

Volleyballer van de Velde bei der Angabe

Für viele ein unerwünschter Teilnehmer: van de Velde bei der Angabe beim Auftaktspiel in Paris Foto: imago

Er hatte ja recht. „Ihr seid doch nur wegen dieser Sache da“, rief Alex Rangheri dem Haufen von etwa 30 Journalisten und Journalistinnen zu, der sich in der Mixed Zone versammelt hatte. „Aber ich rede nur über den Ball, sonst nichts.“

Nun, er fand dann noch drei Reporter aus seinem Heimatland Italien, die etwas wissen wollten über den Sieg des italienischen Beachvolleyballduos, das er zusammen mit Adrian Carambula bildet, in der Vorrunde des olympischen Turniers zu Füßen des Eiffelturms. Gewonnen hatten sie gegen das niederländische Paar Matthew Immers und Steven van de Velde. Letzterer ist der Hauptdarsteller in „dieser Sache“.

Die ist für die einen einer der größten Skandale, die die Olympischen Spiele 2024 bislang geliefert haben, für die anderen ein abgeschlossener Fall, über den am besten nicht weiter geredet werden sollte. Van de Velde, heute 29, hat als 19-Jähriger über Social Media Kontakt zu einem 12-jährigen Mädchen in England gepflegt, ist irgendwann zu seiner Bekanntschaft gereist und hat sie vergewaltigt.

Dafür ist er zu einer Haftstrafe von vier Jahren verurteilt worden, von der er ein Jahr in England abgesessen hat, bevor Behörden in den Niederlanden sich des Täters annahmen. Juristisch ist der Fall abgeschlossen, doch wer sich in sozialen Medien umtut, wird schnell feststellen, dass sich viele Menschen mit der Empörung darüber, dass ein „verurteilter Kindervergewaltiger“ an den Spielen teilnehmen darf, Likes abholen wollen.

„Schutz eines Kindervergewaltigers?“

Kein Wunder also, dass van de Velde ausgebuht wurde, als er vor seinem ersten Auftritt auf dem Sand von Paris vom Sprecher in der Arena vorgestellt worden ist. Der Unmut war für alle deutlich zu vernehmen. Einzig Matthew Immers hat ihn nicht wahrgenommen. Er spielt seit drei Jahren mit van de Velde zusammen und stellte sich nach dem Spiel wacker den Fragen der Journalisten, die eigentlich ja auf van de Velde warteten. Seit zwei Jahren hätten sie das Ziel, zu den Olympischen Spielen zu kommen, hätten Hunderte Partien gespielt. Niemand habe in der ganzen Zeit nach dieser Sache gefragt, sagte er.

Und van de Velde? Der sagte gar nichts. John van Vliet, der Sprecher des niederländischen Teams, erklärte, das Fernhalten van de Veldes von der Presse sei eine der zwei Maßnahmen, mit denen sichergestellt werden soll, dass sich die Beachvolleyballer so gut wie möglich auf ihre Spiele vorbereiten können. Um seine Ruhe auch vor Anfeindungen zu haben, hat sich van de Velde zudem ein Quartier außerhalb des Olympischen Dorfs genommen. „Sie ergreifen also Maßnahmen, um einen verurteilten Kindervergewaltiger zu schützen?“, fragte eine Journalistin. Van Vliet darauf: „Wenn Sie das so sehen wollen, ja.“

Er wird wissen, dass ihn noch viele solcher Fragen erreichen werden. Am frühen Vormittag hatte sein Medienteam einen Post auf Twitter gestellt, in dem die ersten Auftritte der niederländischen Teams angekündigt wurden – mehr nicht. Die Antwortfunktion war deaktiviert. Für die Aktivisten, die van de Velde von den Spielen gebannt sehen wollen, war das bereits der nächste Skandal in „dieser Sache“.

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