Kommentar von Cem-Odos Güler zur Sommerpressekonferenz von Olaf Scholz
: Der Kanzler verkörpert die deutsche Kaltherzigkeit

Olaf Scholz begleitet den Wahlkampf seiner SPD in Thüringen, Sachsen und Brandenburg mit Abschiebeparolen. Bei seinem Auftritt am Mittwoch auf der Berliner Sommerpressekonferenz verkündete der Kanzler stolz, dass die Abschiebezahlen in diesem Jahr um 30 Prozent gestiegen seien.

Hinzu kommen sollen künftig: Abschiebungen von Menschen aus Afghanistan und Syrien. Ist das die Strategie, von der sich die 14-Prozent-SPD erhofft, wieder beliebter zu werden und die haushoch verlorenen EU-Wahlen hinter sich zu lassen?

Strategisch, argumentativ, aber auch rhetorisch ist der Kanzler ein Sinnbild deutscher Kaltherzigkeit. Besonders deutlich wurde das wenig überraschend beim Thema Migration, aber auch bei Fragen zum Krieg im Gazastreifen kehrte Scholz seine völlige Empathielosigkeit nach außen. Beide Themen werden das Weltgeschehen über Generationen beschäftigen, doch ihm kam kein einziger Gedanke, mit dem er an das tägliche Grauen hätte anknüpfen können.

Was ist eine internationale regelbasierte Ordnung wert, und ist Deutschland bereit, die Missachtung dieser Regeln zu sanktionieren, wenn es sich dabei um einen Partner wie Israel handelt? Gibt es in einem Einwanderungsland wie Deutschland einen Wert von Migration jenseits ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und des Fachkräftemangels? Wem solche Fragen wichtig sind, der ist bei Olaf Scholz und seiner SPD völlig falsch. Vielleicht mag es manch einer enttäuschend finden, genau hiervon enttäuscht zu sein.

Die Liste an Themen, die der Kanzler auf Nachfrage von Jour­na­lis­t*in­nen auf der Sommerpressekonferenz einfach beiseiteschob, war lang: SPD-interne Diskussionen zur Stationierung von US-Waffen bestritt er; zum Gutachten des Internationalen Gerichtshofs, das eine völkerrechtswidrige Besetzung der palästinensischen Gebiete feststellte, hatte er nichts zu sagen und bekräftigte gar deutsche Waffenexporte an die israelische Armee; die Aushöhlung des Bürgergelds versuchte er als einen Erfolg zu verkaufen. Auch innerhalb seiner Partei muss es Menschen geben, denen diese Haltungen Magenschmerzen bereiten.

Die Frage ist, wie lange die So­zi­al­de­mo­kra­t*in­nen diese Härte des Kanzlers mittragen. Würde es die Partei abnicken, wenn Scholz, wie angekündigt, wieder Sy­re­r*in­nen abschiebt und hierfür mit den Schergen von Machthaber Baschar al-Assad verhandelt?

Wer den Kanzler so reden hörte, konnte den Eindruck gewinnen, der Mann lebe unter einem Stein. Es muss ein schöner Stein sein, denn Scholz sparte nicht mit Eigenlob und verkündete, wiedergewählt werden zu wollen. Was für ein irrwitziger Anspruch nach so einem Auftritt.