Osman Engin
Alles getürkt
: Horror-Landung

Meine Frau Eminanim und ich haben dieses Jahr im Urlaub auf unsere bucklige Verwandtschaft überhaupt keine Lust mehr! Deshalb fliegen wir mit einer Touri-Maschine direkt nach Antalya, um dort weit weg vom elterlichen Dorf, in aller Ruhe unsere Ferien zu genießen.

Kaum machen wir einen Schritt aus dem Flugzeug, schon springt eine Gruppe schwarzvermummter Männer, mit riesigen Schwertern bewaffnet, uns an die Gurgel!

Bei Allah, wie kommen denn diese blutrünstigen Terroristen hier her? Früher haben sie Flugzeuge entführt, jetzt machen sie sich nicht mal diese Mühe, und warten stattdessen am Flughafen, bis ihnen die Touristen als hilflose Opfer serviert werden.

Die deutschen Touristen flüchten wie kopflose Hühner panisch in alle Himmelsrichtungen, obwohl sie zurzeit noch im Besitz ihrer Häupter sind.

Blitzschnell springt die Rosemarie, die im Flugzeug eine Reihe vor uns saß, in meine Arme, als ein Terrorist mit gezücktem Schwert auf sie zustürmt.

„Hilfeeeee!!!“, kreischt die verzweifelte Frau in Todesangst.

„Stehen Sie doch nicht dumm da! Packen Sie Ihre Frau romantisch an die Taille“, befiehlt mir der Terrorist mit dem riesigen Schwert.

„Die Rosemarie ist nicht meine Frau“, stöhne ich unter der Last der Zweizentner-Dame.

„Ob Frau oder Geliebte. Wen interessiert das?“, tut der Terrorist hochmodern.

„Machen Sie doch, was er sagt“, stottert sie.

Foto: privat

Osman Engin

ist Satiriker in Bremen. Zu hören gibt es seine Kolumnen unter www.youtube.com/@osmanengin1916. Sein Longseller ist der Krimi „Tote essen keinen Döner“ (dtv).

Osman, was fummelst du denn an der fremden Frau rum? Lass die dämliche Zicke sofort los und komm hierher“, höre ich plötzlich meine Frau Eminanim herzzerreißend schreien. Einer der brutalen Henker mit einem langen Schwert und noch längeren Schnurrbart ist gerade im Begriff, meine Angeheiratete umgehend in die ewigen Jagdgründe zu schicken.

„Eminanim, siehst du denn nicht, was für eine Last ich hier tragen muss?“, brülle ich zurück.

Osman, komm sofort hierher!“

Ich lasse die Rosemarie auf den Boden plumpsen und renne zu meiner Frau.

Osman, der Herr will wissen, ob wir 18 mal 15, oder 15 mal 13 wollen. Was meinst du?“, fragt sie mit einer riesigen Klinge am Hals.

„Wenn ich erst mal tot bin, ist es mir völlig egal, wie groß die Häppchen sind, die die Terroristen aus mir machen. Von mir aus können sie mich durch den Fleischwolf jagen.“

„Terroristen? Wieso Terroristen? Du hast wohl jetzt schon einen Sonnenstich. Diese nette Folkloregruppe aus Antalya beehrt uns mit einem schönen Schwert-Tanz. Und dabei werden Fotos gemacht. Wir nehmen zwei Fotos zu 15 mal 13“, bestimmt Eminanim und versucht dabei krampfhaft ihren Peiniger anzulächeln.

„Packen Sie Ihre Frau romantisch an die Taille“, befiehlt mir der Terrorist

„Wie bitte? Diese Halsabschneider nennst du Folkloregruppe?“

„Nun übertreib’nicht so! Zwei Urlaubsfotos für 18 Euro. Das ist überhaupt nicht teuer, wo sie uns doch in ihren traditionellen Kostümen so nett begrüßen.“

„Das nennst du nett? Die Rosemarie und ich schwitzen immer noch Blut und Wasser! Nächstes Jahr fahre ich auf jeden Fall wieder ins Dorf! Sippschafts-Folter ist mir viel lieber als Folklore-Folter!“