Restrukturierung auf schwäbische Art

Der Batteriehersteller Varta steht kurz vor der Insolvenz. Die E-Auto-Sparte läuft gar nicht nach Plan

Von Clemens Schreiber

Um die drohende Zahlungsunfähigkeit abzuwehren, hat der Batteriehersteller Varta am Montag beim Amtsgericht Stuttgart ein vorinsovenzliches Sanierungsverfahren anmelden. Zuvor gab das angeschlagene Unternehmen aus Baden-Württemberg bekannt, sich im Zuge eines Sanierungsverfahrens von großen Teilen seiner Schulden befreien zu wollen.

Mit Verbindlichkeiten im Wert von knapp 500 Millionen Euro ist Varta hoch verschuldet. Deswegen appelliert das Unternehmen nun an seine Gläubiger: Sie sollen dem krisengebeutelten ihm einen Teil der Schulden erlassen. In der Hoffnung, dass die Gläubiger das auch machen, forciert das Varta eine groß angelegte Restrukturierung. Diesem Plan zuzustimmen wäre für die Gläubiger besser als die Firma in die Insolvenz abdriften zu lassen, so das Argument.

Doch um weiterhin zahlungsfähig zu bleiben, braucht Varta eine ordentliche Finanzspritze. Knapp 100 Millionen Euro seien notwendig, sagte der Vorstandschef Michael Ostermann. Als potenzielle Geldgeber kommen derzeit der Luxusautohersteller Porsche und der bisherige Varta-Großaktionär Michael Tojner in Frage. Ein Porsche-Sprecher bestätigte bereits, dass man Verhandlungen mit Varta aufgenommen habe. Porsche dürfte sich insbesondere für die Varta-Tochter V4Drive, die die Lithium-Ionen-Batterien für E-Autos herstellt, interessieren. Bereits vor Bekanntwerden der Schieflage kündigte der Autobauer an, V4Drive von Varta übernehmen zu wollen. „Das Ziel unseres Engagements wäre, diese Schlüsseltechnologie am Standort Deutschland zu erhalten“, bekräftigte ein Porsche-Sprecher gegenüber dem Handelsblatt.

Um dieses Ziel weiterhin zu verfolgen und V4Drive zu retten, müsste sich Porsche eventuell auch an Varta beteiligen. Denn um eine Insolvenz zu vermeiden, müssen Gutachter dem Batteriehersteller eine positive Prognose ausstellen. Und dafür braucht das gesamte Unternehmen, nicht nur V4Drive, das frische Geld.

Das Unternehmen befindet sich schon länger in der Krise

Das Unternehmen versucht indes seine Kapitalstruktur neu aufzustellen. Um unbelastete Geschäftsanteile zu schaffen, will Varta sein Stammkapital auf null herabsetzen. Dadurch würden die Aktien komplett an Wert verlieren. Noch am Freitag hatten die Varta-Aktien einen Gesamtwert von 440 Millionen Euro und eine Aktie wurde für 10,32 gehandelt. Am Montagmorgen, nach der Verkündung der Hiobsbotschaft aus Ellwangen, sank der Kurs zwischenzeitlich auf nur 2,20 Euro. Ein dickes Minus von 80 Prozent.

Schon seit einiger Zeit befindet sich das Unternehmen in einer Krise. Zum Beispiel konnte Varta wegen eines Hackerangriffs im Februar seinen Jahresabschluss für 2023 nicht rechtzeitig vorlegen. Die Probleme bei Varta sind aber auch auf eine Reihe von Geschäftsvorhaben zurückzuführen, die sich als Fehlinvestitionen entpuppten. Gerade in der Autobatterie-Sparte verlief nicht alles nach Plan. Nachdem die öffentliche Hand Varta im Jahr 2020 mit 300 Millionen Euro für Projekte rund um Batteriezellen gefördert hatte, kündigte Varta an, eine Produktionsstätte für Lithium-Ionen-Zellen für E-Autos zu bauen. Dem Druck ausgesetzt, Kosten zu senken, entschied sich Varta jedoch zwei Jahre später gegen den angekündigten Neubau. Letztes Jahr kündigte Varta dann an, 800 Arbeitsplätze – fast die Hälfte davon in Deutschland – zu streichen.

Die Probleme bei Varta seien aber nicht nur hausgemacht, sagte IG-Metall-Sprecher Artur Siemens. Den Unternehmen fehle es an Planungssicherheit, um Investitionen zu tätigen und um Investoren anzuziehen. Mit Argwohn beobachtet die Gewerkschaft, dass immer mehr Projekte für Batteriezellproduktionen in Deutschland auf Eis gelegt werden. „Wir sehen darin auch eine Folge der oft negativen Diskussionen über den Antriebswechsel beim Pkw, die von Politikern immer wieder öffentlich geführt werden,“ so IG-Metall-Sprecher Siemens. Man denke nur an das Hin und Her beim Verbrenner-Aus.