Präsidentschaftswahl in den USA: Einigkeit dringend gesucht

US-Demokrat*innen debattieren über den Zeitpunkt für die Abstimmung über die Kandidatur Bidens. Der schlägt neue Regeln für den Supreme Court vor.

Präsident Biden unterhält sich mit einem Kind

Als wäre nichts gewesen: US-Präsident Joe Biden auf Wahlkampftour in Las Vegas Foto: Tom Brenner/reutersF

BERLIN taz | Während die öffentliche Aufmerksamkeit in den USA in diesen Tagen gänzlich den Republikaner*innen, ihrem Parteitag und den Folgen des Attentats auf Donald Trump vom vergangenen Samstag gewidmet ist, verschärft sich bei den De­mo­kra­t*in­nen der Streit um die Kandidatur Joe Bidens.

Dabei sind mindestens zwei Tendenzen auszumachen: Die eine Seite geht davon aus, dass es keinerlei Anzeichen dafür gibt, dass Joe Biden von der Kandidatur zurücktritt. Das wäre die Voraussetzung dafür, dass die von ihm in den Vorwahlen gewonnenen Delegierten jemand anderen an die Spitze des Tickets wählen könnten. Diese Seite fürchtet, die hitzige Debatte unter De­mo­kra­t*in­nen löse nur weiteren Schaden aus.

Dieser Perspektive hat sich jetzt auch das Führungsgremium Democratic National Comittee (DNC) angeschlossen und vorgeschlagen, mit der Abstimmung über die Nominierung nicht bis zum Parteitag abzuwarten, der erst am 19. August in Chicago beginnt. Sie wollen die Delegierten vielmehr schon am nächsten Sonntag virtuell abstimmen lassen und die Debatte damit beenden.

Das bringt die andere Seite erst recht auf die Palme. Schon kursiert ein zunächst von drei demokratischen Abgeordneten verfasster Brief ans DNC mit der dringenden Aufforderung, diese Art der Diskussionsunterdrückung bleiben zu lassen. Bemerkenswerterweise gehören die Verfasser nicht zum Kreis jener 19 Abgeordneten, die bislang offen den Abtritt Bidens gefordert haben.

Wichtige Geld­ge­be­r*in­nen sind aufgebracht

Sie weisen darauf hin, dass es keinen rechtlichen Grund mehr gibt, die Abstimmung nicht ganz normal beim Parteitag selbst abzuhalten. Der Bundesstaat Ohio hatte Ende Mai ein Verfahren geändert, mit dem nicht auf die Wahlzettel gekommen wäre, wer bis zum 7. August nicht gemeldet ist. Aufgrund dessen hatten die De­mo­kra­t*in­nen ursprünglich eine virtuelle Abstimmung für den 5. August angesetzt.

Der Versuch des DNC, die Debatte nunmehr per Machtwort zu beenden und Einigkeit zu erzwingen, könnte nach hinten losgehen. US-Medien mit guten Drähten in demokratische Parteikreise berichten etwa von unzähligen Mails, Nachrichten und Telefonanrufen, mit denen aufgebrachte wichtige Geld­ge­be­r*in­nen versuchen, für den Abgang Joe Bidens zu werben.

Spendergruppen geben inzwischen auch eigene Umfragen in Auftrag, um zu sehen, ob und wie sich die ohnehin schlechten Wahlchancen nach der desaströsen TV-Debatte vom 27. Juni verändert haben. Und die sehen nicht gut aus. Laut CNN, das eigenen Angaben zufolge eine der nicht veröffentlichten Umfragen vorliegen habe, hat sich der Vorsprung Trumps auf Biden nicht nur in den bekannten Swing States vergrößert. Vielmehr ist es auch in weiteren Staaten eng geworden, die den De­mo­kra­t*in­nen bislang noch als leidlich sicher galten.

Die Re­pu­bli­ka­ne­r*in­nen haben sich im Übrigen schon auf die Möglichkeit eines Wechsels eingestellt: Auffällig viele Red­ne­r*in­nen attackierten beim Parteitag in Milwaukee am zweiten Tag gezielt Vizepräsidentin Kamala Harris.

Die Aufmerksamkeit auf Trump lenken

Unterdessen versucht Biden selbst, die Aufmerksamkeit auf Trump zu lenken und auf die Gefahr für die Demokratie, die von einer zweiten Amtszeit des Ex-Präsidenten ausginge. Dazu hat Biden Vorschläge zur Regulierung des Obersten Gerichtshofs eingebracht: Die Amtszeit der Rich­te­r*in­nen soll begrenzt werden, ein Ethik-Kodex soll vereinbart werden – eine Reaktion auf Korruptionsvorwürfe gegen zwei konservative Richter. Und schließlich soll sogar ein Verfassungszusatz die Immunität des Präsidenten genauer definieren, als es die Richter in ihrem Immunitätsurteil taten.

Nichts davon hat den Hauch einer Chance, im Kongress die notwendigen Mehrheiten zu finden, erst recht nicht in den nächsten Monaten. Aber Biden hofft, zumindest politisch damit zu punkten. Die Diskussion über sich selbst wird er aber nicht beenden können.

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