Der Alltags-Trainer

Der FC St. Pauli kickt inzwischen wieder einen etwas ärmeren Stil. Der Ball wird hoch nach vorne gespielt, Max Kruse, Deniz Naki, Fin Bartels oder Marius Ebbers hecheln hinterher. Sah mal besser aus. Sieht wieder so aus wie vor Stanislawski. Einigen Spielern schwant, dass so was wie die Zeit mit Holger Stanislawski die Ausnahme ist. Menschlich und spielerisch, vielleicht hängt das ja zusammen. Vielleicht bekommen sie so was nie mehr. Vielleicht schwant das auch „Stani“.

André Schubert, 40 Jahre alt, ist anders. Knirscht es, spielt er defensiv. Zu Hause auch mal ohne Stürmer. Die Mannschaft rennt und kämpft, aber kombiniert nicht mehr. Jedenfalls nicht mehr so viel.

Als Carlos Zambrano gegen Fortuna Düsseldorf Gelb hatte (49.), und aus Ohren, Nase, Mund der heiße Dampf der Lava, die in ihm kochte, für jeden zu sehen war; als Schiedsrichter Wolfgang Stark signalisierte, dass er nach dem nächsten Foul fliegt (69.), ließ Schubert ihn weiter spielen. Bis er mit Gelb-Rot runter musste, und zum Überfluss auch noch Sascha Rösler, dem „Agent provocateur“ der Zweiten Liga, der den Platzverweis gefordert hatte, aufs Trikot spuckte (76.). Ein Spiel für die Gelben, drei fürs Spucken, macht vier Spiele Sperre für den 22-Jährigen.

„Wir wissen, dass Carlos ein temperamentvoller Spieler ist“, sagte Schubert, „wir hatten im Trainerteam kurz über eine mögliche Auswechslung gesprochen, Carlos aber auf dem Feld gelassen, weil er richtig gut gespielt hat und wir hinten stabil standen. Im Nachhinein sind wir natürlich alle schlauer, denn es wäre besser gewesen, wenn wir ihn raus genommen hätten.“ Fehler passieren. Am besten, man übernimmt die Verantwortung. Nicht Schuberts Stärke.

Aber lernfähig ist der Trainer: Beim 3:3 am Samstag beim FSV Frankfurt nahm er Patrick Funk sofort vom Feld, als der nach St. Paulis Aufholjagd Gelb sah.

Spieler erzählen, der Trainer sei launisch. Man wisse nicht, woran man ist. Spieler erzählen, Schubert könne, was Kritik anbelangt, krass werden.

Zwei Neue stehen für die nächste Saison fest: Sören Gonther (25) und Florian Mohr (27), beide vom SC Paderborn, beide Abwehrspieler. In Paderborn sind sie ein bisschen irritiert über ihren Ex-Trainer, der zu Saisonbeginn bereits den glücklosen Mahir Saglik geholt hat und weitere Spieler angesprochen haben soll. Der FC St. Pauli muss dringend was im Sturm tun, Nick Proschwitz, 25 Jahre, SC Paderborn, hat 16 Tore gemacht. Hinter Proschwitz ist die Erste Liga her, den zu kriegen, wird schwer.

Beim FC St. Pauli müssen sich alle auf Alltag einstellen. Schubert ist Alltag. Was war, war. Und wird, je länger es zurückliegt, immer schöner. ROGER REPPLINGER