Der Traum von der Meisterschaft

VOLLEYBALL Zu Beginn der Finalserie um die deutsche Meisterschaft verlieren die Berlin Volleys fast chancenlos mit 0:3. Heute Abend müssen sie gewinnen, um den Titel noch holen zu können

Der Auftakt für die Berlin Volleys in die Finalserie um die deutsche Meisterschaft war wenig verheißungsvoll. Mit 0:3 unterlagen die Berliner am Samstagabend in Haching. „Wir haben zu wenig Widerstand geleistet. Aus diesem Teufelskreislauf sind wir dann nicht mehr herausgekommen“, so Trainer Mark Lebedew.

Coup im Halbfinale

Aber noch ist nichts verloren. Drei Siege sind nötig für den Meistertitel – und dass die Volleys überhaupt im Finale stehen, ist schon eine faustdicke Überraschung. Nach durchwachsener Punkterunde war den Berlinern im Halbfinale nämlich ein großer Coup gelungen: Serienmeister VfB Friedrichshafen wurde besiegt. Die waren zuvor siebenmal in Folge deutscher Meister geworden. „Für uns war das ein wichtiger Schritt“, erklärt Manager Kaweh Niroomand. Aber genau darin liegt auch das Problem.

Friedrichshafen ist seit Jahren das Nonplusultra im deutschen Volleyball. Die Spiele gegen den Erzrivalen vom Bodensee sind die Saisonhighlights – und das haben die Berliner nun eigentlich schon hinter sich. „Unser Team hat in diesen Spielen eine große psychische Anstrengung vollbracht. Und diese Spiele stecken immer noch in den Köpfen der Spieler“, findet Niroomand.

Im ersten Finalspiel gegen Haching war das noch zu spüren. Offensichtlich konnte die Spannung nicht wieder rechtzeitig aufgebaut werden. Man war beim 0:3 praktisch chancenlos, scheiterte immer wieder am Hachinger Block. „Wir konnten leider nicht an unsere Leistung aus dem Halbfinale anknüpfen“, fand Lebedew. „Aber gegen Friedrichshafen zu gewinnen und dann nicht deutscher Meister werden ist irgendwie doof.“

Deshalb müssen die Volleys am heutigen Dienstagabend in der Max-Schmeling-Halle die zweite Partie gewinnen. „Wir müssen alle Kräfte mobilisieren“, fordert Niroomand. Dabei hofft man auf eine stimmungsvolle Kulisse. „Unser Publikum kann uns eine Menge Selbstbewusstsein geben“, glaubt Lebedew. Mut sollte zudem machen, dass auch die Serie gegen Friedrichshafen mit einer Niederlage begann. Und in der zweiten Partie lagen die Berliner auch schon mit 0:2-Sätzen hinten. Die Volleys standen kurz vor dem Aus, trotzdem konnte der große Favorit noch niedergerungen werden. „Wir haben es drauf, das Ding zu gewinnen“, glaubt deshalb Lebedew.

Verletzungssorgen

Allerdings plagen sich die Berliner, wie schon seit Monaten, mit argen Verletzungssorgen herum. Der zuletzt starke Finne Urpo Sivula fällt mit Bänderriss im Sprunggelenk aus, in Haching verletzte sich noch Libero Martin Krystof. Mittelblocker Ricardo Galandi musste schon vor dem Spiel passen, die Leistungsträger Paul Carroll und Scott Touzinsky konnten nur angeschlagen mitwirken. Aber vor allem auf die Fitness des US-Amerikaner Touzinsky wird es ankommen: Er ist der wohl wichtigste Baustein im Spielerpuzzle der Volleys. Seitdem er im Januar nach Berlin zurückgeholt wurde, ging es aufwärts. „Mit ihm sind wir eine ganz andere Mannschaft“, findet Lebedew. Der Trainer beschreibt den Olympiasieger von 2008 als optimistischen Charakter. „Gerade, wenn es nicht so läuft“, sagt er. Vor allem der zuvor so bröckligen Annahme verlieh Touzinsky mehr Stabilität. Mit ihm kamen sie in dieses Finale, und mit ihm dürfen sie von der Meisterschaft träumen.

Und die wäre für das Volleyballprojekt Berlin ein Riesenschritt. Schon jetzt freut sich Manager Niroomand über die schlagartig gestiegene Aufmerksamkeit in der Stadt. Auch in der Champions League dürften die Berliner dann mitspielen. „Aber daran will ich noch gar nicht denken“, sagt Niroomand. Denn zunächst muss Haching geschlagen werden. NICOLAS SOWA