Fraktion von AfD und Heimat?: Der ersehnte Dammbruch

Kooperiert die AfD erstmals mit der Heimat (einst NPD) in einer Fraktion? Die Heimat behauptet das, aber hinter der Meldung stecken zwei Einzelgänger.

viele AfD-Plakate an einem Laternenmast

Geht's bei der AfD mal wieder drunter und drüber, diesmal in Lauchhammer? Foto: Robert Michael, dpa

BERLIN taz | Es klingt nach einem weiteren Dammbruch, den die Heimat, einst NPD, am Montagabend verkündete: In der Südbrandenburger Stadt Lauchhammer und im Landkreis Oberspreewald-Lausitz hätten sich erstmals gemeinsame Fraktionen von AfD und Heimat gegründet. In Lauchhammer firmiere die Fraktion nun als „AfDplus“, im Kreistag als „Heimat&Zukunft“.

Die Zusammenarbeit sei „ein Wendepunkt“, tönt die „Heimat“. Die gemeinsame AfD-Heimat-Fraktion in Lauchhammer werde dort nun zweitstärkste Kraft, angeführt von AfD-Mann Bernd Dietrich. Der Heimat-Abgeordnete Thomas Gürtler werde wiederum die Kreistagsfraktion anführen. Der wird zitiert, dass die Zusammenarbeit ein „Meilenstein“ sei.

Doch ein genauerer Blick offenbart, dass die Meldung vor allem PR der rechtsextremen Heimat-Partei ist. Denn Thomas Gürtler und Bernd Dietrich sind in der Region schillernde Figuren – und haben eine Vorgeschichte.

Das gleiche Spiel schon 2021

Schon 2021 hatte die Heimat, da noch als NPD, eine ähnliche Pressemitteilung verschickt und eine neuartige Fraktion in Lauchhammer verkündet: damals von NPD und Pro Lauchhammer. Die Fraktion aber war denkbar klein. Sie bestand lediglich aus NPD-Mann Gürtler als Fraktionschef und Dietrich als Stellvertreter. Dietrich war damals als Nachrücker für Pro Lauchhammer ins Parlament eingezogen. Bei der Wählergruppe war der Ingenieur da aber längst ausgeschlossen, weil er in einem anderen Wahlkreis für die AfD antrat.

Pro Lauchhammer kritisierte die Aktion damals als „plump“ und „primitiv“ – und pochte darauf, dass Gürtler und Dietrich nicht als Pro Lauchhammer auftreten. Tatsächlich änderten diese darauf den Fraktionsnamen in NPD/Frei Lauchhammeraner. Später wechselte Deitrich direkt zur Heimat, im Frühjahr dann in die AfD-Fraktion. Gürtler blieb als Heimat-Mann fraktionslos.

Nach der Brandenburger Kommunalwahl Anfang Juni zogen beide Männer dann erneut in die Stadtverordnetenversammlung in Lauchhammer ein und auch in den Kreistag Oberspreewald-Lausitz. Und hier tun sich die beiden nun offenbar erneut zusammen, Dietrich jetzt aber als AfD-Mann. Anders als 2021 soll sich ihm und Gürtler nun aber in Lauchhammer zwei weitere AfD-Abgeordnete anschließen, Dennis Hillner und Peter Gröbe. Letzter tut dies offenbar auch im Kreistag.

Die Mitteilung der Heimat ist dennoch reichlich dick aufgetragen. Denn parallel existieren im Kreistag und in der Stadtverordnetenversammlung Lauchhammer weiterhin größere AfD-Fraktionen, die nicht mit der Heimat kooperieren.

AfD reagiert mit Parteiausschlussverfahren

Aus dem AfD-Bundesvorstand war am Dienstagmorgen zu hören, dass der Landesvorstand Brandenburg gegen die drei beteiligten AfD-Mitglieder Parteiausschlussverfahren einleiten will. Alle drei – Dietrich, Hillner und Gröbe – seien aus ihren AfD-Fraktionen im Kreistag beziehungsweise der Stadt Lauchhammer ausgetreten. Der AfD-Bundesvorstand hat demnach auch den Brandenburger Landesvorstand um René Springer um Stellungnahme aufgefordert.

Kurz darauf äußerte sich auch Springer in einer Pressemitteilung und bestätigte, dass drei Mandatsträger der AfD gemeinsame Fraktionen mit der Heimat gegründet hätten und Springer wegen „vorsätzlicher Verletzung von Mitgliederpflichten und des erheblichen Verstoßes gegen die Grundsätze der Partei“ Ausschlussverfahren anstrebe. „Die Vorgänge haben uns sehr erschreckt, ich bin persönlich bisher davon ausgegangen, dass so etwas in unserer Partei niemals möglich sein kann“, sagte Springer. Er selbst allerdings tritt auch mit Sprüchen auf, die denen der umbenannten NPD ähneln, forderte millionenfache Abschiebungen („Das ist kein Geheimplan. Das ist ein Versprechen.“).

Über vorhandene inhaltliche Übereinstimmungen mit der rechtsextremen Heimat-Partei wollte Springer hinwegtäuschen: Die Mandatsträger hätten „aus einer gewissen Überforderung“ reagiert, sagte Springer. „Ich kann mich nur bei all unseren Wählern in Lauchhammer und dem Kreis OSL entschuldigen, die mit ihrer Stimme sicher nicht die Ex-NPD unterstützen wollten.“ Er führe Gespräche, um die Situation zu „heilen“, wie er es nannte. Man wolle auch juristisch gegen die Fraktion „AfDplus“ vorgehen, weil diese kein Recht habe, sich AfD zu nennen.

Bei der Kommunalwahl in Lauchhammer wurde die AfD mit 28 Prozent zweitplatziert hinter Pro Lauchhammer und kam auf 6 Mandate. Die Heimat erhielt 4 Prozent der Stimmen und ein Mandat, das für Gürtler. Bei der Kreistagswahl in Oberspreewald-Lausitz erzielt die AfD mit 31 Prozent das beste Ergebnis, das ihr 16 Sitze einbrachte. Die Heimat kam auf 1,7 Prozent und einen Sitz, erneut für Gürtler.

Unvereinbarkeitsliste nur auf dem Papier

Brandenburgweit holte die AfD bei der Kommunalwahl 25,7 Prozent der Stimmen und damit das beste Ergebnis aller Parteien. Die NPD kam landesweit auf lediglich 0,2 Prozent – und spielt in Brandenburg im Grunde keine Rolle mehr. Lauchhammer ist aber noch einer der letzten Aktivposten der Partei. Erst im Dezember war in der Stadt ein Treffen von gut 120 Rechtsextreme publik geworden.

Die AfD führt die Heimat/NPD eigentlich auf einer Nichtvereinbarkeitsliste. Diese aber hat in der Praxis und vor allem im Kommunalen kaum eine Bedeutung. So wird auf der Liste etwa auch Pegida geführt – bei deren Dresdner Aufzügen traten allerdings wiederholt auch AfD-Funktionäre auf, darunter Brandenburgs Fraktionschef Hans-Christoph Berndt.

Aktualisiert am 25. Juni 2024 um 11 Uhr

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