Arschtritt für Bushido

ORTSTERMIN Deutschlands bösester Rapper zieht in die Provinz – dorthin, wo die Vorschriften wohnen

Aus dem ersten Stock des Reihenhauses hat das Ehepaar Oertel den perfekten Blick auf die Baustelle. Herrschaftlich stehen sie da, die beiden alten Villen, direkt vor dem Fenster. Anis Mohamed Youssef Ferchichi heißt der künftige Nachbar am Zehlendorfer Damm in Kleinmachnow, südwestlich von Berlin. Sein Künstlername: Bushido – bekannt für seine teils homophoben und frauenfeindlichen Rap-Texte.

Sabine Oertel, 83, zeigt auf einen Haufen Schrott, der aus den beiden Villen entfernt worden ist. Alte Dielen, Holztreppen, vielleicht auch einige Stücke Wand sind noch zu erkennen. Fünfmal so groß sei der Haufen gewesen, meint ihr Ehemann Helmut. „Viel kann da nicht mehr drin sein in den Häusern.“ Bevor der Rapper mit Mutter, Freundin und erwartetem Baby einziehen kann, ist noch einiges zu tun: Fensterscheiben sind zerbrochen, Türen fehlen, von den Wänden bröckelt der Putz.

Zwischen den beiden Villen des Anwesens türmen sich massive Holzbalken, helles, frisches Holz. „Die sehen doch aus, als wären sie für einen neuen Dachstuhl geeignet“, sagt Helmut Oertel. „Dass man mit Schreien und Krähen so viel Geld verdienen kann“ – Sabine Oertel schüttelt den Kopf und schließt das Fenster.

Was genau der Rapper auf dem Grundstück vorhat, wissen die Nachbarn nicht. Vorerst werden sie es auch nicht erfahren, denn weitergebaut wird momentan nicht. Zuerst hatte Bushido Zwischenwände entfernen lassen, dann haben Bauarbeiter das Einfahrtstor niedergerissen. Das Problem: Die beiden Villen stehen unter Denkmalschutz. Prompt verhängte die zuständige Behörde einen Baustopp über das gesamte Grundstück.

In der kleinen Reihenhaussiedlung, die sich längs des Grundstücks erstreckt, ist von Aufregung wenig zu spüren. Ein Nachbar sitzt in seinem Vorgarten und liest. „Es sieht so aus, als ob Bushido lieber ein Bußgeld in Kauf nimmt, als sich an die Vorschriften zu halten“, meint der 46-Jährige. „Erst mal abwarten.“ Aufregen kann er sich über die Verstöße des Rappers nicht.

Anders Herr Schwabe, der den Bürgersteig harkt. „Der kommt hierher und denkt, er kann machen, was er will. Dem sollte man einen Arschtritt geben!“

Die sensible Reaktion einiger Anwohner auf Verstöße im Baurecht sei abzusehen gewesen, sagt Axel Müller, Grünen-Kreistagsabgeordneter und Vorstandsmitglied des Heimatvereins Kleinmachnow. Mit dem Rapper meint er es gut: „Wir müssen auf Bushido und die Bauherren zugehen, um die Dinge gemeinsam zu regeln.“ Bushido habe viele Möglichkeiten in Kleinmachnow, aber auch mit den Grenzen müsse man ihn vertraut machen.

„Ich denke, es ist möglich, dass sich Bushido als Persönlichkeit stärker in den Ort einbinden lässt“, sagt Müller weiter. Als Mitbürger wolle er ihn begrüßen. Der Rapper könne beispielsweise durchaus ein Konzert im Jugendfreizeitheim geben.

Einige in Kleinmachnow würden sich darüber freuen. „Ich finde es lustig, dass Bushido hierhin zieht“, meint ein Schüler. Seinem Vater musste er erst mal erklären, wer der künftige Nachbar eigentlich ist. „Ich hab ihm gesagt, dass der gar nicht so schlimm ist, wie alle sagen.“

JANNIS HAGMANN, ERIK WENK