„Lafontaines Angebot ist keine Spielerei“

PDS-Chef Lothar Bisky über die Chancen einer Linkspartei

taz: Herr Bisky, Oskar Lafontaine hat die Debatte über eine Linkspartei ausgerechnet in der Bild -Zeitung losgetreten. Und er hat diesen Vorschlag mit der Idee eines Parteienbündnisses verbunden, das in Deutschland rechtlich gar nicht möglich ist. Ist nicht schon dieses Vorgehen der Beweis dafür, dass es Lafontaine gar nicht ernst meint?

Lothar Bisky: Ich weiß, dass Lafontaine es sehr ernst meint. Ich bin mit ihm im Gespräch, ich habe seine Bücher gelesen, wir stimmen in einer ganzen Reihe von Punkten überein. Sein Vorschlag würde nicht eine solche Faszination ausüben, wenn es nur Spielerei wäre.

Lafontaine treibt mehr, als nur Rache an Schröder zu üben?

Sicher. Lafontaine hat versucht, bestimmte Positionen der rot-grünen Regierung zu verändern. SPD und Grüne haben das nicht gewollt. Daran ist diese Koalition letztlich gescheitert.

Sind Sie als PDS-Vorsitzender von Lafontaines Angebot überrascht worden?

Ich hatte so eine Ahnung.

Sie haben es also nicht gewusst.

Es ist nicht meine Art, mich in den Medien darüber auszulassen, was ich mit Lafontaine bespreche.

Vorangetrieben haben das Projekt einer Linkspartei vor allem Gysi und Lafontaine, nicht Sie selbst. Grundlage dafür war Gysis Einschätzung, dass die PDS im Westen gescheitert sei. Teilen Sie diese Auffassung?

Gysi spricht nicht von Scheitern.

Gysi sagt, die PDS komme in Westdeutschland wie eine ausländische Partei daher.

Wir sind im Westen nicht gescheitert. Es gibt engagierte Mitglieder, und da und dort beginnt die Partei, Boden unter den Füßen zu gewinnen. Aber ich will auch nicht drum rumreden: 0,9 Prozent in Nordrhein-Westfalen – das ist für die Partei eine Niederlage.

Die Rettung soll ein Bündnis aus PDS und WASG sein?

Die Notwendigkeit eines linken Bündnisses ergibt sich für mich nicht aus unserer Stärke im Osten und unserer Schwäche im Westen. Die Linke ist generell zu zersplittert. Jetzt gibt es die historische Chance, links von der SPD eine starke, in der Gesellschaft verankerte und im Parlament vertretene Linke zu etablieren.

Was könnte ein Linksbündnis leisten, was die PDS allein nicht kann?

Ein linkes Bündnis könnte zum Beispiel Alternativen zur Agenda 2010 mit hinzugewonnener gewerkschaftlicher Sachkenntnis weiterentwickeln. Dieses Bündnis könnte diese Alternativen auch dort stärker zur Geltung bringen, wo die PDS schwach ist.

Ist die Debatte also nicht eigentlich ein Ausdruck für die Schwäche der PDS?

Das sehe ich nicht so. Die PDS hat die Linke in Deutschland überhaupt erst in den Bundestag gebracht. Im Bund sind wir eine Fünfprozentpartei, die Potenziale der Linken werden höher geschätzt. Wenn durch ein Bündnis der Linken vielleicht das Zittern an der Fünfprozenthürde erspart bleiben würde, wäre das doch schon ein Erfolg.

Ein Linksbündnis ist rechtlich äußerst kompliziert, die Zeit dafür ist zu knapp, die kulturellen Barrieren auf beiden Seiten sind groß. Ist das Projekt schon tot, bevor es überhaupt am Leben war?

Nein. Natürlich muss ich als PDS-Vorsitzender zuallererst die Frage beantworten, wie es die PDS schafft, aus eigener Kraft in den Bundestag zurückzukommen. Aber genauso intensiv beschäftige ich mich mit der Frage, wie ein Bündnis mit der WASG möglich ist. Die Voraussetzungen sind beschrieben: Das Vorgehen muss seriös sein, in beiden Parteien demokratisch legitimiert werden, und keiner der Partner darf sich vom anderen über den Tisch gezogen fühlen. Darüber führen wir ab heute Gespräche – aber nicht mehr über die Medien, sondern hinter verschlossenen Türen. INTERVIEW: JENS KÖNIG