Krieg in der Ukraine: Beschuss mit Gefangenentausch

In der Ostukraine und in Russland fordert der gegenseitige Raketen- und Drohnenbeschuss zivile Opfer. Russland nimmt zwei Dörfer ein.

Nariman Dscheljal (r), stellvertretender Vorsitzender der krimtatarischen Selbstverwaltung Medschlis gehört zu den zehn Ukrainern, die jahrelang gefangen gehalten worden waren, und auf Vermittlung des Vatikans aus russischer Gefangenschaft entlassen wurden.

Endlich wieder frei: Nariman Dscheljal (r), stellvertretender Vorsitzender der krimtatarischen Selbstverwaltung Medschlis Foto: Alex Babenko/ap

KYJIW taz afp | „Meine Heimatstadt Wilnjansk wurde von den Russen bombardiert. Es traf das Stadtzentrum, den Ort, wo immer viele Menschen sind. Am helllichten Tag, an einem Wochenende. Sieben Menschen wurden getötet, da­run­ter zwei Kinder. Der Schmerz ist unerträglich“, kommentiert die aus Wilnjansk stammende ukrainische Journalistin ­Dascha Sirjanowa auf ihrer Facebook-Seite. Auch 30 Verletzte forderte der russische Luftangriff auf Wilnjansk in der Nähe von Saporischschja am Samstag.

„Das Kleid, das ich meiner Frau Olga heute in einem Einkaufszentrum gekauft habe, ist alles, was wir noch haben“, ­zitiert das ukrainische ­Portal tsn.ua einen Olexandr aus Dnipro. Als das Paar am Freitag vom Einkauf nach Hause kam, gab es ihre Wohnung im 9. Stock nicht mehr.

Sie und weitere Teile dieses Hochhauses waren bei einem russischen Raketenangriff vollständig zerstört worden. Ein Mensch verlor bei diesem Angriff sein Leben, zwölf Personen wurden verletzt, darunter ein Kind und eine Schwangere. Fünf Personen werden noch vermisst.

Auch andernorts in der Ukraine gingen russische Raketen und Drohnen nieder. Am Samstag wurden in dem Dorf Zarichne in der Region Donezk drei Menschen durch russische Angriffe getötet, berichtet der Leiter der ukrainischen Militärverwaltung der Region Donezk, Vadym Filashkin. Und in Konstantinowka, unweit von Donezk, kam es nach einem russischen Angriff zu einem Brand. Beim Beschuss von Nikopol wurde ein Wohngebäude beschädigt.

Im Zentrum von Charkiw ist laut Telegram-Kanal des Bürgermeisters von Charkow eine Gleitbombe auf ein ziviles Unternehmen eingeschlagen. Ein 8-monatiges Kind und fünf Erwachsene wurden verletzt. Sieben Autos der betroffenen Firma brennen. Ein Mensch ist seinen Verletzungen erlegen.

Zivile Opfer auch in Russland

Doch auch in Russland und von Russland kontrollierten Gebieten gab es am Wochenende zivile Opfer. Am Samstag hatten die russischen Behörden einen Drohnenangriff auf ein grenznahes russisches Dorf in der westrussischen Region Kursk gemeldet. Die Drohne schlug demnach in einem Haus in dem kleinen Dorf Gorodischtsche ein und tötete fünf Menschen, darunter zwei kleine Kinder.

Mehrere Menschen wurden durch ukrainische Drohnen im Gebiet Belgorod verletzt, berichtet der Gouverneur von ­Belgorod, ­Wjatscheslaw Gladkow, auf seinem Telegram-Kanal. Im von Russland kontrollierten Jasinowata bei Donezk wurden ein Junge und ein Mädchen verletzt, berichtet die gazeta.ru.

Unterdessen kam es am Wochenende erneut zu einem russisch-ukrainischen Gefangenenaustausch. Unter den Freigelassenen ist der Krimtatare Nariman Dscheljal, Vizevorsitzender der Medschlis des Krimtatarischen Volkes, also der Repräsentativkörperschaft für die Krimtataren.

Seit 2016 ist die Organisation auf der Krim und in der Russischen Föderation als „extremistische Organisation“ verboten. Dscheljal war im September 2021 mit den Aktivisten Asis und Asan Achtemow festgenommen worden, weil man sie verdächtigt hatte, eine Gasleitung gesprengt zu haben. Im September 2022 wurde er zu 17 ­Jahren Haft verurteilt.

Einnahme zweier ukrainischer Dörfer

Die Ukraine wiederum hat im Rahmen dieses Austauschs auch vier Priester der ukrainisch-orthodoxen Kirche Russland übergeben, so die russische Menschenrechtsbeauftragte Tatjana Moskalkowa auf ihrem Telegram-Kanal. „Ich hoffe, dass sich diese wichtigen humanitären Prozesse weiterentwickeln werden“, schrieb Moskalkowa, die im regelmäßigen Austausch mit dem ukrainischen Menschenrechtsbeauftragten Dmytro Ljubinets steht, auf Telegram. „Wir setzen unseren Dialog mit dem ukrainischen Ombudsmann fort.“

Am Sonntag meldete das russische Verteidigungsministerium die Einnahme zweier weiterer Dörfer im Osten der Ukraine. Die russische Armee sei weiter nach Westen in die Region Donezk vorgedrungen und habe dabei die Siedlung Nowooleksandriwka nahe des bereits besetzten Otscheretyne „befreit“. Zudem hätten russische Streitkräfte das kleine Dorf Spirne weiter nördlich eingenommen. Am Samstag hatte die russische Armee die Einnahme des Ortes Schumi gemeldet.

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