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Wenn die Farbe von Beeren von Bedeutung ist

Grimmig wirkt die kleine Schar, die sich schon um 13.45 Uhr am Gatter drängt. Männer, Frauen, Kinder, Familien, Gruppen, Einzelpersonen. Vielleicht gucken sie auch nur wegen des schwarzwolkigen Himmels so ernst. Bewaffnet sind alle mit Körbchen, Schalen oder Eimern.

Gesprochen wird kaum und wenn mit gedämpften Stimmen. Das Himbeerpflücken hier in St. Jürgen hat etwas von einem konspirativen Treffen. Zu Saisonbeginn gibt der Hof erst am Vorabend den Tag und auch die Stunde per E-Mail bekannt: Wer nicht im Verteiler steht, erfährt nichts. Und Pünktlichkeit ist Trumpf: Zügig marschieren die Pflückbegierigen los, als die Beerenbäuerin um exakt 14 Uhr das Gatter öffnet. Ein Kind kann nicht Schritt halten, kommt auf den Arm und kriegt Botanikunterricht: „Das sind Blaubeeren, die sind noch nicht reif“, so die junge Frau. „Die heißen Blaubeeren, weil die blau werden.“

St. Jürgen

1.592 Ein­wohner*innen.

Der drittgrößte Ortsteil der niedersächsischen Gemeinde Lilienthal nahe Bremen besteht selbst aus 10 Ortsteilen. Der Ortsteil Frankenburg beherbergt neben den Beeren auch eine Freilichtbühne.

Das Kleine schweigt, schaut sinnend auf die blassgrünen Kügelchen, und … – aber nein. Die erwartete Nachfrage bleibt aus. Es geht zu den Himbeeren. Und jedes Kind weiß ja, dass Himbeeren Himbeeren heißen, weil sie so wahnsinnig him sind. Benno Schirrmeister