Europawahl in Lettland: Häppchen und Mansplaining in Riga

In Lettland stieß die EU-Wahl auf mäßiges Interesse. Vielleicht sehen die Let­t*in­nen die EU genau so, wie unsere Autorin eine Wahlparty erlebt hat?

Ein Mann steckt einen Zettel in eine Wahlurne

Europawahl in Lettland: Andrang ist anders Foto: Janis Laizans/dpa

RIGA taz | Es hat ein bisschen etwas von Silvesterparty. Im EU-Haus in Lettlands Hauptstadt Riga werden am Sonntag um Mitternacht die Ergebnisse der Europa-Wahl verkündet.

Das Gebäude gegenüber der eleganten Rigaer Oper am Rande der Altstadt soll die Europäische Union erlebbar und verständlich machen. Die Bür­ge­r*in­nen Lettlands können sich hier beraten lassen, wie sie die Möglichkeiten der EU für sich nutzen können. Es gibt Ausstellungen, kostenlose Veranstaltungen, Seminare und Kulturveranstaltungen.

Doch die Wahlveranstaltung ist ganz offenbar eher für Politiker reserviert. Menschen in schicker Abendgarderobe, viele noch sehr jung, stehen dekorativ im Foyer, das Weinglas in der einen, den Häppchenteller in der anderen Hand. Dazwischen Journalisten mit Mikrophonen und Kameras. An der Wand erinnert eine Fotoausstellung an den „Baltischen Weg“, die Menschenkette von Vilnius nach Tallinn 1989. „The Baltic Way is the Way to Democracy“, steht auf einem Schild neben den Schwarz-Weiß-Fotos.

Um 23.20 Uhr beginnt die Veranstaltung mit einer Podiumsdiskussion. Ein Politologe, der Leiter einer NGO sowie eine Fernsehjournalistin diskutieren über die Wahl. Da die gesamte Veranstaltung auf Lettisch stattfindet, fällt mir vor allem auf, dass der Moderator den Podiumsteilnehmern permanent ins Wort fällt. Und dass die einzige Frau gerade mal einen Redebeitrag unterbringen kann, und selbst bei dem noch von den Männern unterbrochen wird.

Grüne legen deutlich zu

Alles in allem ist es eine recht elitäre Veranstaltung und vielleicht sehen viele Letten die EU genau so: gut bezahlte Menschen im fernen Brüssel tun Dinge, die mit ihnen in Nordosten des Kontinents eher wenig zu tun haben. Die Wahlbeteiligung war mit 33,77 Prozent jedenfalls in etwa gleich niedrig wie bei der letzten EU-Wahl. Was in Anbetracht des Krieges in der Ukraine und der unmittelbaren Nachbarschaft zu Russland – große Themen im kleinen Lettland – schon etwas verwundert.

Kurz vor Mitternacht werden feierlich die Ergebnisse vorgetragen. Neun Sitze hat Lettland im EU-Parlament. Mit 25,1 Prozent (2019: 26,2 Prozent) stärkste Partei wurde die liberal-konservative Jauna Vienotiba (Neue Einigkeit) mit EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis als Spitzenkandidaten. Sie schickt zwei Vertreter nach Brüssel. Auf Platz zwei hat es mit 22,1 Prozent (2019: 16,4 Prozent) die rechtspopulistische Nationale Allianz „Visu Latvijai!“(Ganz Lettland!) geschafft, ebenfalls mit zwei Parlamentssitzen.

Stark zugelegt haben Lettlands Grüne. Die grün-sozialdemokratischen Progresīvie holten 7,4 Prozent der Stimmen (2019: 2,9 Prozent) und haben damit erstmals einen Vertreter in Brüssel. Sie liegen fast gleichauf mit den prorussischen Sozialdemokraten (7,1 Prozent).

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.