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: Österreichs besonnener Kapitän Marcel Sabitzer

Foto: Soeren Stache/dpa

Die österreichische Elf hatte gerade eines der schönsten Fußballfeste der jüngeren Vergangenheit gefeiert. Mit dem 3:2 gegen die Niederlande hatte sie die schwierige Gruppe gewonnen, in der auch Frankreich und Polen mitspielten. Kapitän Marcel Sabitzer jedoch sagte: „Von einem Sommermärchen zu sprechen, wäre viel zu früh“, nur so viel: „Wenn du in einem K.-o.-System bist, kannst du auch mal in einen Lauf reinkommen.“

Vielleicht haben die Österreicher diesen „Flow“ längst erreicht, aber Sabitzer ist grundsätzlich ein eher nachdenklicher Typ. Er weiß, dass es etliche Mannschaften gibt, die dieses Turnier auf der Grundlage einer höheren spielerischen Qualität bestreiten. Dafür agiert Österreich mit einem klaren Plan. Und Sabitzer ist darin eine Schlüsselfigur, weil er seit einem Jahrzehnt bestens vertraut ist mit dem Stil von Trainer Ralf Rangnick, unter dem er schon 2014 bei RB Leipzig spielte.

Dennoch wirkte der 30 Jahre alte Profi eher nachdenklich am Ende dieser so erfolgreichen Gruppenphase. Als er gefragt wurde, ob er gerade das beste Jahr seiner Karriere erlebe, wies er umgehend auf das gegen Real Madrid verlorene Finale in der Champions League mit Borussia Dortmund hin: „Das hätte ich gerne gewonnen, das war so ein Negativerlebnis, aber ich habe wieder Kraft getankt“, sagte er. Nach jener Londoner Finalnacht verzichtete er in Absprache mit Rangnick auf die Teilnahme an den beiden EM-Vorbereitungspartien, um dieses Erlebnis zu verarbeiten. Weniger bekannt ist ein Schicksalsschlag im Leben des Österreichers. Seit Jahren lebt er mit einer Frau zusammen, mit der er eine gemeinsame Tochter hat. Im April musste die Familie den Tod des 18 Jahre alten Sohnes von Sabitzers Lebensgefährtin aus einer früheren Beziehung verkraften. Sabitzer hatte nach seinem Treffer im Cham­pions-League-Spiel gegen Atlético Madrid durch eine Geste beim Torjubel öffentlich darauf reagiert. „Ich hatte Aufs und Abs in den letzten Monaten, dann sind das schon Momente, die guttun“, sagte er nach seinem Siegtor von Berlin wohl auch in Anspielung auf dieses Erlebnis.

Auch die Kritik nach dem 0:1 gegen Frankreich hat ihn getroffen, „Da war ich ja angeblich der schlechteste Mann“, sagte er. Inzwischen hat er sich längst von dem Verdacht befreit, irgendwie außer Form zu sein. Intern ist Sabitzer ohnehin unumstritten, und das brillant aus spitzem Winkel erzielte Siegtor gegen die Niederländer konnten auch Menschen, die das Spiel eher oberflächlich betrachten, als Kunstwerk erkennen. Daniel Theweleit