kunstraum
: Im Rausch der Lektüre

Blick in die Ausstellung „that is complete. and knowledge is another“ von Kameelah Janan Rasheed bei NOME Foto: Marjorie Brunet Plaza; Courtesy the artist and NOME

Die Kunst von Kameelah Janan Rasheed ist ein Raum gewordener Traum der Copy Art. Für „that is complete. and knowledge is another“, ihre dritte Einzelausstellung bei NOME, hat Rasheed die Galerie in einen installativen Denk- und Bewegungsort aus Schwarz-Weiß-Abhebungen überführt, der zu einer Balance aus Cocoons und Freiflächen findet. Hinter Plexiglas und auf Papier kopierte und in Pigmentdrucke und Wandbilder übersetzte Archivmaterialien und Texte ergänzen sich mit per Hand hinzugefügten Notizen und Zeichnungen.

Es sind Hervorhebungen, die Fragen von Zugehörigkeit und Erkennbarkeit behandeln, nach einem Recht auf Undurchsichtigkeit fragen und auch die Sprache selbst immer wieder in ihrer Handlungsmacht untersuchen. „Can a Sentence Have Desires?“, fragt die Künstlerin. Auf einem Siebdruck hat sie die subtilen Parameter einer Art Labyrinth festgehalten („Supple Perimeters II“, 2023
). Vielleicht bewegt sie sich hier im Sinne der „Apophenia“, wie sie in der Arbeit „Call and Response I“ (2023) als Notiz auftaucht, jener Fähigkeit also, Muster und Beziehungen in zufälligen Elementen zu erkennen. Ein Sehen von Verbindungen also, das als „grundlos“ pathologisiert wird, hier aber im Remix aus mathematischen Formeln, Gebetselementen und kosmologischen Fragen tiefere Zusammenhänge aufdeckt.

Selbst zum Orakel geworden, schreibt Rasheed mit ihrem Werk an der Tradition Schwarzer experimenteller Poesie fort, dekonstruiert Sprache, pflegt sie und fügt sie neu zusammen. Und kombiniert dabei die Elemente so, dass sich die Dimensionen verschieben. Was einmal ein Blatt im DIN-A4-Format war, nimmt eine ganze Wand ein. In anderen Collagen und Drucken bilden sich abstrahierte Formationen, die an Felsen und Meeresgischt erinnern, wie in der kleinformatigen Serie „Spirit 1-34“ von 2021. In einer Videoecke mit schwarzem Grund rahmen diese „Spirits“ ein Gesicht, das sich zwischen Videomonitoren in Wellenbewegungen verzieht und vervielfacht.

In ihrem Universum aus Lektüre und Notiz, in dem samtige Druckerschwärze auf flüssiges Rauschen trifft, führt Ra­sheed uns zur Erotik der Reflexion zurück. Die unaufhaltsamen Kräfte, die längst in uns ruhen, hier finden wir wieder zu ihnen.

Kameelah Janan Rasheed: that is complete. and knowledge is another. NOME, bis 27. Juli, Di.–Sa. 13–18 Uhr, Potsdamer Str. 72

Noemi Molitor