TuSEM kämpft um die Lizenz

Handball-Bundesligist TuSEM Essen legt gegen den drohenden Lizenzentzug Einspruch ein. Die endgültige Entscheidung darüber soll Mitte Juni fallen. Der Absturz in die Drittklassigkeit droht

VON HOLGER PAULER

Zum letzten Spiel der abgelaufenen Handball-Saison gegen den deutschen Rekordmeister VfL Gummersbach zog TuSEM Essen noch einmal in die Oberhausener Köpi-Arena um. Doch kaum mehr als 2.000 Zuschauer folgten dem Ruf. Am Ende stand es 29:32. Die Gummersbacher feierten den Einzug in den europäischen EHF-Pokal. Die Essener Fans verließen still die Halle. Für den TuSEM endete die Saison auf Platz sieben. Durchaus okay. Und durch den Gewinn des EHF-Pokals wurde das Jahr 2005 zum erfolgreichsten seit mehr als 15 Jahren. Eigentlich ein Grund zufrieden in die Sommerpause zu gehen. Wäre da nicht die vergangene Woche gewesen.

Am 25. Mai teilte der Vorstand der Handball-Bundesliga (HBL) TuSEM Essen und fünf weiteren Proficlubs mit, dass sie für die kommende Saison keine Lizenz erhalten werden. Dies würde den Abstieg in die drittklassige Regionalliga bedeuten. Zu den betroffenen Klubs gehören neben TuSEM Essen der Erstligist Wallau Massenheim, Absteiger Post Schwerin sowie die Zweitligisten Reinickendorfer Füchse Berlin, SG Werretal 92 und SG Willstätt/Schutterwald.

TuSEM-Manager Klaus Schorn wollte nach Bekanntwerden der Lizenzverweigerung „den juristischen Personen nicht vorgreifen“. Nach Erhalt der schriftlichen Begründung am vergangenen Freitag hatten die Vereine sieben Tage Zeit, ihren Einspruch abzugeben. Die Essener werden sich bis Donnerstag schriftlich äußern. Einzelheiten wollte Schorn nicht nennen. „Die Einsprüche werden dann bis zum 8. Juni juristisch und wirtschaftlich geprüft“, sagt Bundesligen-Spielleiter Uwe Stemberg. Die Entscheidung durch die HBL soll bis spätestens zum 30. Juni fallen. „Wir werden darauf drängen, dass der Termin früher liegt, um noch reagieren zu können“, so Schorn zur taz. Im Falle einer späteren Entscheidung müsse eine Schadensersatzklage in Erwägung gezogen werden, so Schorn weiter. Sollte den Einsprüchen stattgegeben werden, werden laut HBL die betreffenden Ligen aufgestockt – eine Erste Bundesliga mit 20 Mannschaften ist möglich.

Die HBL verweigerte dem TuSEM die Lizenz, weil sie den Spielbetrieb für die kommende Saison als nicht gesichert ansah. In der laufenden Saison mussten die Essener einen Ausfall von 2,77 Millionen Euro verkraften. Der Hauptsponsor Weinerplan Hellas sollte für die Summe aufkommen – doch Weinerplan ist zahlungsunfähig. Neue Sponsoren konnten auf die Schnelle nicht gefunden werden.

„Erstmals lagen bei uns alle Fakten auf dem Tisch. Die Vereine der HBL müssen seriöse Geschäftsbeziehungen zu unseren Partnern eingehen. Zu den Sponsoren, zum Fernsehen, zu den Spielern, die teilweise seit Januar kein Geld erhalten haben, zu den Zuschauern, die unsere Dauerkarten kaufen“, begründet HBL-Vorstandsvorsitzender Bernd-Uwe Hildebrandt sein Vorgehen. Für die abgelaufene Saison hatte zum Beispiel der HSV Hamburg die Lizenz bekommen, obwohl zwei Insolvenzanträge gegen den Klub vorlagen. Während der Saison stand der HSV vor dem Aus, am Ende wurden ihm zehn Punkte abgezogen. So etwas soll nach Willen der HBL nicht mehr vorkommen.

„Die Handball-Bundesliga wurde gegründet, um frühere Defizite zu beheben“, kommentiert Klaus Schorn die Vorgehensweise der HBL. Im Jahr 2000 wurde dem deutschen Rekordmeister VfL Gummersbach nach der Lizenzverweigerung trotzdem die Spielgenehmigung für die kommende Saison erteilt. Von einer „Lex Gummersbach“ war die Rede. Eine „Lex Essen“ woll er nicht, sagt Schorn. Trotzdem werde der Verein kämpfen. „Der TuSEM wird an dieser Sache nicht kaputt gehen“, sagte er nach dem letzten Saisonspiel.

TuSEM Essen spielt seit 25 Jahren ohne Unterbrechung in der Bundesliga. Drei Meisterschaften und drei Europapokalsieg stehen zu Buche. Mit 3.000 Mitgliedern, davon 500 Handballern, ist der TuSEM der zweitgrößte Verein der Ruhrmetropole. Zudem hat der Verein aus dem noblen Essener Süden es im Laufe der Zeit geschafft, in der gesamten Stadt Fuß zu fassen. Mehr als 6.000 Menschen zogen vor drei Wochen mit um, in die Oberhausener Köpi-Arena, um den Europapokalsieg gegen den SC Magdeburg mit zu erleben. Vielleicht zum letzten Mal.