Krimi „Obwohl ich dich liebe“: Schaurige Taten in der Provinz

Provinz ist schlicht und deshalb machen die Bewohner dort öfter mal was Verrücktes. Seitensprünge zum Beispiel, wofür sie teuer bezahlen.

Szene aus einem TV-Krimi.

Rebecca (Clotilde Hesme) und Romain (Jérémie Renier) in der Miniserie „Obwohl ich dich liebe“ Foto: arte

„A Hell of a Woman“ war das Erste, was mir zu dieser Minithrillerserie aus Frankreich einfiel. Die – geben wir es gleich zu – schon mal gelaufen ist bei Arte, vor vier Jahren. „A Hell of a Woman“ ist dabei der Titel einer Krimianthologie mit ausschließlich weiblichen Autoren, herausgegeben von der US-Schriftstellerin Megan Abott, die gerade mit zwei Romanen den deutschen Hard boiled-Markt aufmischt, mit starken, unheimlichen Protagonistinnen („Aus der Balance“, „Wage es nur!“, beide bei Pulp Master erschienen).

„A Hell of Woman“: die böse, die harte, die traumatisierte, die skrupellose Täterin, die natürlich eigentlich Opfer ist, die einen sehr weichen, fast schon tödlich verletzten Kern hat, verkörpert von einer künstlerisch wahrlich aus tiefen Wassern schöpfenden Schauspielerin, deren Namen ich aus Spoilergründen nicht nennen kann: Das ist die Achse, um die sich alles dreht im auf Französisch schlicht „Amour Fou“, auf Deutsch „Obwohl ich dich liebe“ betitelten Dreiteiler.

Schauplatz, das macht die Sache noch mal interessanter, ist die Provinz, la France profonde. Die Protagonisten sind Autohändler, Bedienungen, Betriebsärztinnen. Und in diesem leicht desolaten Ambiente ist der Anreiz, endlich das ganz andere Leben zu verwirklichen und sei es mit illegalen Methoden natürlich größer als in einem mehr oder weniger mondänen Milieu der Metropole; es ist eben nicht nur Untreue das Laster der Provinz, wie Goethe in den Wahlverwandtschaften sagt, sondern auch Intrige, Mord und Totschlag, und nicht zuletzt Rache und unterdrückte Leidenschaft.

Provinz ist aber auch schlicht: Nähe. Rebecca (Clotilde Hesme) und Romain (Jérémie Renier) geht es gut in der etwas überdimensionierten Stadtvilla, aber schließlich sollen ja schnellstmöglich Kinder her. Doch obwohl – oder eben weil – Romain den Zyklus seiner Frau im Kalender stehen hat und sie entsprechend termingerecht miteinander Sex haben, will es einfach nicht klappen.

Da kommt es nicht so gut, dass Romains missratener Drogi-Bruder Mickael (Finnegan Oldfield), der zur besseren Überwachung seines Lebenswandels samt Partnerin Émilie (Majda Abdelmalek) im Nachbarhaus einquartiert wurde, bei einem gemeinsamen Abendessen prahlend verkündet, ihr in der Nachbarschaft gut hörbarer Geschlechtsverkehr habe zum Ziel geführt.

Émilie ist schwanger, raucht und trinkt aber weiter und kann immer noch nicht kochen. Die allgemeine Anspannung führt zum handfesten Streit, man trennt sich halb versöhnt. In der Nacht steht Rebecca schlaflos am Fenster und beobachtet, wie Mickael unter großen Mühen einen zusammengerollten Teppich in sein Auto wuchtet. Was – oder wer? – mag da wohl drin sein, fragt sie ihren aus dem Bett gerüttelten Mann, der auch im Weiteren einfach nicht glauben will, dass seine Geschwistergeschichte auf die von Kain und Abel hinausläuft. Doch am nächsten Morgen fehlt von Émilie jede Spur.

Autorin dieses sich in Folge zwei dramatisch wandelnden Plots ist die französische Schriftstellerin Ingrid Desjours, deren Bücher bislang nicht auf Deutsch erschienen sind. Dass sie ihr Handwerk versteht, zeigt „Obwohl ich dich liebe“ (nach ihrer Romanvorlage „Tout pour plaire“) aber schon mal ziemlich überzeugend. Wer ein bisschen was abkann, Hitchcock und Daphne du Maurier mag, wird hier jedenfalls prima bedient.

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