Austrittserklärung von Benno Schirrmeister anlässlich der Zustimmung zur Bettler-Vergrämung durch die Bremer Koalition
: Liebe Grüne, das war’s!

Mir ist eine grüne Partei wichtig. Lang genug war ich jetzt Mitglied. Das war ich, weil ich keine andere politische Kraft gesehen habe, die Chancen hat, dringende ökologische und klimaschützende Maßnahmen voranzutreiben, ohne die soziale Frage zu vernachlässigen. Jetzt hat die grüne Fraktion in der Bremischen Bürgerschaft ohne Not einer Initiative der Armutsdiskriminierungspolitik zugestimmt, einem Antrag der CDU. Ihr habt zugestimmt, das Betteln in demjenigen öffentlichen Raum zu verbieten, den der Staat den Gastronomen per Sondernutzung zur Gewinnerzielung zur Verfügung stellt.

Dieses Verbot verteidigt Privilegien einer Klasse, die es sich leisten kann, an gut gedeckten Tischen für teuer Geld zu speisen und zu trinken – gegen die Zumutung der Armut, die von ihr geschaffen wird. Ja sicher, arme Menschen will man nicht gerne sehen. Sie stören. Und wie lästig ist die Armut gerade für Menschen, die ihre eigene Verantwortung kennen, aber mühsam verdrängen, wie wir Grüne. Diese Verdrängung nun auch physisch, ordnungspolitisch und mit staatlicher Gewalt durchzusetzen: Das ist schändlich und keine gute Politik.

Es ist moralisch nicht vertretbar. Es ist sozialpolitisch kontraproduktiv. Es ist dieselbe Herangehensweise, die dafür sorgt, dass globale Probleme eben nicht angegangen werden – sondern als unliebsame Störungen aus dem Bewusstsein verbannt. Denn klar, was für die Armut in Bremen gilt, gilt auch für die Armut weltweit: Sie nervt. Sie stinkt. Die von ihr Betroffenen werden schneller und tödlicher von der Klimakatastrophe getroffen als die saturierte Bourgeoisie, für deren ungestörten Konsum ihr euch engagiert: Ihr seid in der Lage, im Parlament die Vorlage zu blockieren, die ein Tauben-Fütterungsverbot verhängen soll. Da wollt Ihr Ausnahmen reinverhandeln. Das ist euch wichtig.

Ihr schafft es hingegen nicht, auch nur zaghaft „Aber hallo!“ zu rufen, wenn beschlossen wird, Arme zu bekämpfen, statt Armut? Mein Gott, wie eklig ist das! Und wie aufschlussreich. Denn, wenn ihr so drauf seid, dann werdet ihr dem Impuls der Verdrängung auch in anderen Fragen nachgeben, hemmungslos. Das scheint ja leider schon der Fall bei der Klimapolitik und der Antimigrationspolitik, die Grün bundes- und europaweit mitverantwortet. Deshalb erkläre ich hiermit meinen Austritt aus der Partei. Schöne Sommerpause noch.