Besetzung am Verfassungsgericht wohl blockiert

Trotz CDU-Gegenwind – Grüne wollen Seda Başay-Yıldız als neue Verfassungsrichterin

Von Luise Greve

Das Landesverfassungsgericht braucht dringend neue Rich­te­r:innen. Von den insgesamt neun Plätzen sind aktuell nur sieben besetzt. Davon wiederum müssten vier Stellen dringend mal wieder ausgewechselt werden. Und das hätte schon 2021 passieren müssen – denn da war die maximale Amtszeit der aktuell noch tätigen Rich­te­r:in­nen überschritten. Eine geeignete Kandidatin gäbe es: Nach Medienberichten hat die Grünen-Fraktion Seda Başay-Yıldız vorgeschlagen. Başay-Yıldız ist 48 Jahre alt, hat eine kleine Tochter, ist in Marburg aufgewachsen und arbeitet seit 2003 als Rechtsanwältin in Frankfurt am Main. Schon seit vielen Jahren engagiert sie sich für die Opfer von rechtsextremer und rassistischer Gewalt. Die Grundvoraussetzungen für das Amt erfüllt Başay-Yıldız, darüber hinaus brächte sie wohl auch eine Perspektive mit, die ihre potenziellen Kol­le­g:in­nen nicht haben: Denn Berlins Verfassungsgerichtshof ist bisher wenig divers. Keiner der Rich­te­r:in­nen hat einen Migrationshintergrund.

Um die Stelle zu bekommen, müsste Başay-Yıldız im Abgeordnetenhaus mit Zweidrittelmehrheit gewählt werden. Dort bekommen die Grünen aber anscheinend großen Gegenwind: Wie der Tagesspiegel berichtet, soll die CDU bereits seit Monaten den Personalvorschlag blockieren. Hintergrund sei wohl ein ehemaliger Mandant: Başay-Yıldız soll 2018 als Strafverteidigerin einen Islamisten vertreten haben, Sami A., dessen Abschiebung nach Tunesien schließlich vom Oberverwaltungsgericht Münster für „evident rechtswidrig“ erklärt wurde. Die Bild titelte damals, sie würde „Osama Bin Ladens Leibwächter“ verteidigen. Başay-Yıldız und ihre Familie erhielten um diese Zeit herum mehrere Morddrohungen. Sie wurde als „miese Türkensau“ bezeichnet, unterzeichnet wurde teilweise mit „NSU 2.0“. Der Verfasser der Drohungen wurde 4 Jahre später verurteilt. Im NSU-Prozess hat Başay-Yıldız von 2013 bis 2018 als Opferanwältin die Familie von Enver Şimşek, Blumenhändler aus Nürnberg, vertreten, den der NSU im September 2000 erschossen hatte. Er war das erste Opfer des NSU.

Den Stand bei der Entscheidung über ihre mögliche Berufung als Richterin am Landesverfassungsgericht wollen die Grünen aktuell nicht kommentieren: „Wir sind in konstruktiven Gesprächen. Zu Personalfragen und Details interner Verhandlungen äußern wir uns nicht“, heißt es dazu von Werner Graf, dem Grünen-Fraktionsvorsitzenden, auf eine Anfrage der taz am Montag.