Die Ente gibt den Löffel ab

Bei der Airbus-Werkserweiterung haben sich die Horrorvisionen der Kritiker nicht bewahrheitet, findet der Senat: Es gebe neue Arbeit, und die Natur reagiere gelassen. Die besonders wichtige Löffelente aber hat den Ausgleich nicht angenommen

von Gernot Knödler

Fünf Jahre nach dem Planfeststellungsbeschluss zur Airbus-Werkserweiterung im Mühlenberger Loch findet der Senat, er habe seine Versprechen im Großen und Ganzen gehalten: eine stabile Werkshalbinsel rechtzeitig fertig gebaut, damit die Voraussetzung für 4.000 Arbeitsplätze geschaffen, und die Natur aufgepäppelt. So steht es in seinem vierten Sachstandsbericht, der gestern vorgestellt wurde.

Ausgerechnet die Löffelente aber – die Schlüsselart in dem EU-Naturschutzgebiet – hat stark gelitten. Senat und Naturschützer streiten sich außerdem darum, wer den Stillstand in der Haseldorfer Marsch zu verantworten hat (siehe Kasten). Als Teil des Ausgleichs für die Zuschüttung des Mühlenberger Lochs sollte dort der Tideeinfluss wiederhergestellt werden.

Die EU-Kommission lässt sich regelmäßig über den Fortgang der Werkserweiterung, insbesondere der Ausgleichsmaßnahmen, berichten. Denn das Mühlenberger Loch ist Teil des europäischen Schutzgebietsnetzes „Natura 2000“, das nur aus „zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses“ beschädigt werden darf. Die Beeinträchtigung muss so ausgeglichen werden, dass das Netz nicht zerreißt.

Im öffentlichen Interesse argumentiert der Senat mit neuen Arbeitsplätzen: 2.000 Mitarbeiter für den A380 hat Airbus gemeldet, 1.950 hat der Senat bei den 300 Zulieferbetrieben in der Region gezählt. Aktuelle Umfragen lassen nach Angaben von Wirtschaftsstaatsrat Gunther Bonz weitere 1.350 Einstellungen bei den Zulieferern erwarten. Im Herbst soll der erste Riesen-Airbus in Finkenwerder landen.

Das größte Naturausgleichsprojekt, das Abbagern von zwei Dritteln der Elbinsel Hahnöfersand, ist weit fortgeschritten. 90 Prozent des Süßwasserwatts, das dort geschaffen werden soll, seien bereits der Tide ausgesetzt. Ob es sich wie gewünscht entwickelt, werden allerdings erst die kommenden Jahre zeigen. Ebbe und Flut, Wind, Wellen und Eis sollen hier Zustände wie im Mühlenberger Loch schaffen.

Der Zwischenstand verzeichnet Erfolge: Mit 300 Expemplaren hat sich eine der größten Ansammlungen von Schierlingswasserfencheln auf der Gefängnisinsel in der Elbe niedergelassen. Ob es dabei bleibt, könnte davon abhängen, wann die Elbe das nächste Mal Eis führt und die Weiden abrasiert, die die Wasserfenchel zu überwuchern drohen. Die Hälfe der im Mühlenberger Loch vorkommenden Fischarten ist auch im neuen Watt nachgewiesen worden.

Bei den Vögeln ist die Lage uneinheitlich: Dass sich der Bestand an Brandgänsen, Zwergmöven und Trauerseeschwalben im Mühlenberger Loch in der Zeit vor 2001 gegenüber der Zeit danach verringert hätte, konnte nicht nachgewiesen werden. Allerdings tauchten auch nur wenige dieser Vögel auf Hahnöfersand auf. Die Krickenten sind im Mühlenberger Loch weniger geworden. Dafür haben sie im neuen Watt stark zugelegt, so dass es insgesamt mehr Vögel gibt.

Der Bestand der Löffelente, die auf Wasserverhältnisse wie im Mühlenberger Loch angewiesen ist, hat dagegen im Monatsmittel von 567 im Jahr 2001 auf 138 im vergangenen Jahr kontinuierlich abgenommen – in Maximalzahlen von 1.998 auf 862. Im neuen Watt stieg er im Mittel auf drei – im Maximum auf 35. Der BUND erinnerte den Senat daran, das im neuen Watt bis zu 1.000 Löffelenten rasten sollten: „Bei diesen hoch spezialisierten Vögeln“, konstatiert Geschäftsführer Manfred Braasch, „hat die Ausgleichsmaßnahme eindeutig versagt.“