HIER IST BERLIN

Verdammte Gegenwart

Machtwechsel am Hermannplatz, Neukölln

Neben dem Karstadt am Hermannplatz – zwischen Hare-Krishna-Missionaren, Elektrischen-Rollstuhl-Fahrern und Bettelpunks – verspeist ein Paar Kartoffelpuffer mit Apfelmus, die vollen Einkaufstüten unter dem Stehtisch geparkt. Es gesellt sich ein weiterer Gast hinzu. Futtert stumm hinter seiner Pilotensonnenbrille Reibekuchen, ohne sich an dem lebhaften Gespräch des Paares zu beteiligen. Es geht um die Neuwahlen.

Die Frau sagt, dass sich auch bei einem „Machtwechsel“ nichts ändern würde, weil doch jede Regierung die Konjunktur ankurbeln müsse, so oder so.

Der Mann gibt zu bedenken, dass zwischen „so“ und „so“ Welten lägen, und erst mal ginge es den Gewerkschaften an den Kragen, da würden wir alle noch unser blaues Wunder erleben, kürzlich erst hätte die BVG gestreikt, „von drei Uhr nachts bis zehn Uhr morgens“. Da schaut der stumme Gast von seinem Pappteller auf und sagt mit vollem Mund zunächst nur zwei Sätze: „Es kommt noch besser … 24 Stunden Streik.“ Dann, nach einer Pause, schiebt er ein einziges Wort nach: „Unangekündigt.“

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DER SATZ DER WOCHE

Die meistgehörten Äußerungen in Kaffeehäusern, Zügen und Mobiltelefonen (ermittelt von taz control).

Bis zum Wochenende:

„Ich hab dann leider beim 3:0 abgeschaltet“.

Seit dem Wochenende:

„Also, diese Merkel ist wirklich ganz furchtbar.“