Neonlichter der Nacht

Schweißflecken auf dem Anzug: Maximo Park gelten als Popwunder der Stunde. Im Magnet Club gab die britische Band ein Konzert vor hysterischem Publikum

Im Januar waren Maximo Park schon einmal in Berlin. Durch den aktuellen Hype ist der Altersdurchschnitt im Saal drastisch gesunken

Die Stadt ist nicht mehr als ein einziger klebriger Klumpen, die Straßen von üblem Geruch und voll Staub und Kindergeschrei. Es ist der Zustand, dessen Stimmung „Acrylic afternoons“ von Pulp bitter aufweckt. Ab und zu betroffen sein von Schwermut und ansonsten in Trägheit festhängen.

Die größten und lautesten Haudegen wissen: Das Freibad ist da der beste Ort, um eine gute Figur zu machen. Die schon ein wenig ältere Jugend holt sich das Lebensgefühl zurzeit lieber bei Maximo Park ab. Deswegen barst der Magnet Club letzten Sonntag auch, als die Herren konzertierten.

Aber erinnern wir uns zurück an den Anfang dieses Jahres, als die Gemüter, was die Band angeht, kühl waren und noch nicht überhitzt. Im Januar hatten Maximo Park schon einmal in Berlin gespielt, ebenfalls im Magnet Club. Allerdings ging es da unbefangen zu. Damals herrschte gedeckte, wahre Freude über diese Band, die aufregende Gewissheit, dass man hier gerade die Musik des Sommers entdeckte.

Dann kam das Album heraus und haufenweise Artikel in allen Musikmagazinen, die Maximo Park für das argwöhnische Indie-Volk legitimierten. Und zu Recht rühmten. Das also versetzte ein völlig wahnsinniges Publikum in Aufruhr: Der Altersdurchschnitt war, im Vergleich zum Konzert im Januar, drastisch nach unten gesunken. Mädchen standen mit Fotoapparaten vor der Bühne. Der Magnet Club schwelte und dünstete vor sich hin, die Armhärchen schmierten in einem Schweißfilm auf der Haut. Ohnmächtige Mädchen mussten herausgetragen werden.

Paul Smith, der Sänger, keuchte ins Mikrofon und musste seine Luftspagatsprünge und sein exaltiertes Zappeln und Fuchteln einschränken. Dem Rest der Band klebten die sonst schlackernden Hosen an den Beinen. Das mag nicht zusammenpassen: Schweiß und Maximo Park. Die feinen Anzüge, diese abgezirkelte Musik, die überakzentuierten Silben der Texte – diese Band spuckt nicht in den Rinnstein oder nölt und nuschelt. Hier klingt nichts verwaschen, hier wird nicht betrunken vor sich hin geschrammelt wie bei den Strokes. Hier wird mit starr aufgerissenen Augen getänzelt, hier heißt es: „I long for the neon signs of nights.“

Betrachtet man es besonnen, dann muss man zugeben: Gefühle sind nichts weiter als eine Konstruktion, vor allem Hochgefühle, die von Musik aufgepeitscht werden.

Ignorieren wir das. Maximo Park sind hinreißend. Wer dem Mob ein derart ungeheuerliches Album vor die Füße wirft, von dem lasse ich mir jedes Lebensgefühl weismachen. Nur zu. Ich lasse mich gerne bluffen.

JANE FRÄNZEL